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Räumungstitel: Verfallsdatum bald überschritten?

■ Hafenrand-Chef Wolfgang Dirksen klagt eindeutige politische Entscheidung ein

Räumungshatz gegen die Hafenstraßen–BewohnerInnen oder politischer Schachzug, um die endgültige Befriedung des Hafenrandes zu erreichen? Hafenrand-GmbH-Boß Wolfgang Dirksen hat Bürgerschaft und Senat aufgefordert, „in den nächsten Wochen eine endgültige Entscheidung herbeizuführen, ob geräumt werden soll oder nicht“. Dirksen gestern zur taz: „Wir nähern uns der Frist, wo die Räumungstitel verfallen.“

Nach Auffassung Dirksens werden spätestens im Laufe des nächsten Jahres die Räumungstitel ungültig. „Eine Nichtentscheidung über den politischen Weg ist auch eine Entscheidung“, gibt Dirksen zu bedenken. Gegenüber der „Welt am Sonntag“ äußerte der Hafenrand-Chef, seine stadtstaatliche Gesellschaft würde durch die politischen Vorgaben momentan den Eindruck erwecken, „daß wir nicht wirklich räumen wollen“. Dirksen: „Im nächsten Jahr nimmt uns kein Gericht mehr ein Rechtsschutzbedürfnis ab.“

Die Hafenrand GmbH war kurz mach der Bürgerschaftswahl durch Bürgermeister Henning Voscherau zum Stillhalten verpflichtet worden, als er den HafensträßlerInnen im Zusammenhang mit der sogenannten „Randbebauung“ überraschend eine Galgenfrist einräumte. Würden sie den Neubau auf dem Nachbargrundstück dulden, sollte dies vielleicht durch eine Bestandsgarantie honoriert werden. Dirksen zur taz: „Wir kommen doch nicht drum rum, daß die Politiker endlich eine eindeutige Entscheidung über den weiteren Weg treffen.“ Laute der Beschluß, die Häuser stehen zu lassen, müsse das weitere Procedere ausgelotet werden: „Instandsetzung oder Übereignung - und woher kommen die Mittel.“

Bislang hatte die Hafenrand GmbH ihre Planung voll auf Abriß und Neubau konzentriert. „Die Instandsetzungskosten sind fast genauso hoch wie die Neubaukosten“, rechnet Dirksen vor. Dennoch könnte er auch mit einer anderen Lösung leben. „Wenn die Häuser stehen bleiben, würde mir das keine große Schmerzen verursachen.“

In der Tat hat die Hafenrand GmbH in den vergangenen Monaten ihre harte Line aufgegeben. So vermietete das Unternehmen in den Pinnasberg-Neubauten Räume an eine Stadtteil-Kindertagesstätte – vor zwei Jahren noch Zankapfel zwischen Anwohnern und GmbH. Und auch beim geplanten Hafen-Neubau folgt die Gesellschaft nun Anregungen von Kritikern und Hafensträßlern und möchte das Gebäude um eine Etage auf fünf Stockwerke aufstocken. Dirksen: „Das macht nicht nur städtebaulich Sinn, sondern schafft noch acht zusätzliche Wohnungen.“ In der Auseinandersetzung um die „Randbebauung“ hatte Immobilien-Zar Robert Vogel immer wieder davor gewarnt, daß die ursprüngliche Vier-Stock-Planung einmal als Argument herangezogen werden könnte, einen Abriß der höheren Hafenstraßen-Häuser aus städtebaulichen Gründen durchzusetzen.

Kai von Appen

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