HSW-Verkauf immer unsicherer

■ Kauflust der Badischen Stahlwerke schwindet / Konkurs unabwendbar? Von Florian Marten

Die dunklen Wolken über den Hamburger Stahlwerken (HSW) ziehen sich immer dichter zusammen. Nachdem Wirtschaftssenator Erhard Rittershaus der Bürgerschaft schon am vergangenen Mittwoch gestehen mußte, die Verkaufsverhandlungen der konkursbedrohten HSW mit den Badischen Stahlwerken (BSW) gestalteten sich überaus schwierig, melden sich nun auch die potentiellen Käufer zu Wort. Das Eigentümer- und Manager-Duo der Badischen Stahlwerke (BSW), Horst Weitmann und Hans-Eckhard Seitzinger, zeigt sich skeptisch, ob aus dem Deal überhaupt noch etwas wird.

Grund 1: BSW kauft die HSW nur, wenn die Westfälische Drahtindustrie (WDI) mit im Paket ist. Die WDI-Gesellschafter Gerd Weiland, Wolf-Dietrich Grosse und Werner Pampus weigern sich jedoch, von ihrem Besitz zu lassen. Grund 2: BSW kauft nur, wenn die HSW durch den Hamburger Senat von finanziellen Folgen einer Bestrafung durch die Europäische Union wegen Subventionsbetrugs freigestellt wird. Da der Senat in diesem Fall nicht die HSW erneut widerrechtlich subventionieren dürfte, könnte dies nur über einen Konkurs funktionieren, der Hamburgs SteuerzahlerInnen 110 bis 200 Millionen Mark kosten würde.

Grund 3: BSW-Berater Hans Ringwald, erfolgreicher Konkursverwalter bei Saarstahl, hält die Versuche der HSW für aussichtslos, auf Dauer im Qualitätsstahlmarkt mitzumischen. Einzig verbleibendes Motiv für den Kauf der HSW durch die BSW sind damit die Billigstahlproduktion der HSW in Kombination mit dem festen Abnehmer WDI.

Im Falle der kaum noch wahrscheinlichen Ehe HSW-BSW können sich die HSW-Mitarbeiter auf einiges gefaßt machen. Die Aufgabe der Qualitätsstahlproduktion, nach Auffassung Weilands und Grosses zentrale Zukunftsperspektive der HSW, sowie drastische Rationalisierungen ständen ins Haus. Stolz verweisen Weitmann und Seitzinger auf ihre braven Stahlarbeiter im badischen Kehl, die neben ständigen Arbeitsplatzvernichtungen für 1994 sogar einem Lohnverzicht von 6000 Mark pro Jahr und Nase zustimmten.

Die von Weiland in kleinem Kreis gestreute These, die BSW wollten sich die HSW nur schnappen, um dem Konkurrenten Saarstahl einen Qualitätsstahlproduzenten vom Hals zu schaffen und sich den Markt für Billigstahl per Übernahme der WDI sichern, gewinnt damit einiges an Plausibilität. Andererseits: Ernsthafte Alternativen zu einer HSW-Ausschlachtung durch die BSW sind gegenwärtig nicht in Sicht. Und alleine, das betonen neutrale Beobachter, haben die HSW wohl keine Chance, weil es ihnen nicht gelingen dürfte, sich im Qualitätssegment des Stahlmarktes zu etablieren.

Damit wird ein für Arbeitsplätze und Stadtkasse bitteres Ende des Stahl-Engagements des Hamburger Senats immer wahrscheinlicher. Statt-Partei-Chef Markus Wegner jedenfalls versprach der Öffentlichkeit, seine Fraktion werde weiteren Aufstockungen der Kreditlinie der HSW nicht zustimmen. Aber auch das würde wohl kaum noch etwas helfen: Wenn die EU-Prüfer die Senatsbürgschaften für die HSW-Kredite der Landesbank als unzulässige Subventionen einstufen, wären die Kredite wirtschaftsrechtlich voraussichtlich sogar als voll haftendes Eigenkapital anzusehen – die Stadt wäre, unzulässig, Eigentümer eines Unternehmens, dem nur noch der Konkurs bliebe. Die HSW-Arbeiter bekämen dann wenigstens den Sozialplan garantiert – aus den Taschen der Steuerzahler.

Zwei andere Hamburger haben ihre Schäfchen noch viel besser im Trockenen: Gerd Weiland, Drittels-Eigentümer der HSW, darf sich nach Ablauf dieses Jahres nach Aussagen der CDU auf eine per Lebensversicherung gedeckte HSW-Betriebsrente freuen – weshalb Weiland bis Jahresende auch noch Angestellter der HSW ist!

Weiland dürfte außerdem, so steht zu vermuten, sein Geschäftsführergehalt der vergangenen Jahre – die CDU spricht von 600.000 bis 700.000 Mark im Jahr für diesen Nebenjob des vielbeschäftigten Vielkönners – so angelegt haben, daß ihm vor der Zukunft nicht bange sein muß.