: Vollsperrung in der Langenstraße
■ Das „Kunstforum“ verbucht Besucherrekord – und steht schon wieder vor der Schließung
Über Stock und Stein führt der Weg ins neue „Kunstforum am Markt“ – wer zu Hoppers schönen Druckgrafiken will, muß sich derzeit durch über die halbgepflasterte Langenstraße quälen. 70.000 Besucher haben es trotzdem geschafft; die Erfolgsmeldung gab die Kulturbehörde gleich in doppelter Ausfertigung an die Presse. Das Ziel, via Kunst zur Belebung der City beizutragen, scheint erreicht. Dennoch wird dies, auf noch nicht absehbare Zeit, die letzte Kunstschau am Platze sein: Alle Vorbereitungen für die kommenden Ausstellungen sind gestoppt – mangels finanzieller Perspektiven, wie aus dem Kulturressort verlautet. Ausstellungsmacherin Barbara Claassen-Schmal, die das neue Gesicht des Hauses ein dreiviertel Jahr entscheidend geprägt hatte, bekam jedenfalls schon mal förmlich den Termin der Schlüsselabgabe mitgeteilt.
Auch die bereits überregional angekündigte Folgeausstellung – mit Fotografie und Malerei von Urs Lüthi – liegt nun wieder auf Eis. Die Kataloge lägen zwar schon im Keller des „Kunstforums“, berichtet Claassen-Schmal. Und die Summe von 5000 Mark hätte Bremen dem Verlag bereits bezahlt, genau wie die drei anderen an dieser Ausstellungs-Tournee beteiligten Städte. Da kam vor 14 Tagen neue Order der Kultursenatorin Helga Trüpel. „In Anwesenheitheit eines Juristen“ habe Trüpel ihr, Claassen-Schmal, mitgeteilt, „daß Lüthi nicht stattfindet und es auch keine weiteren Ausstellungen gibt“; außerdem solle sie alle weiteren Überlegungen konzeptioneller Art mit sofortiger Wirkung einstellen.
Das Kulturressort verweist seinerseits auf die Wirtschaftsbehörde. Die habe ihre Zusage, die Lüthi-Ausstellung zu unterstützen, zurückgezogen. „Und in der derzeitigen Haushaltslage“, sagt Barbara Loer, Sprecherin der Kulturbehörde, „macht es keinen Sinn, über eine neue Ausstellung zu sprechen.“ Was künftig mit der kostbaren Immobilie in der Langenstraße geschieht, „ist derzeit offen“. Die Ressortspitze habe aber „die Fühler in allen Richtungen ausgestreckt“.
Nur in Richtung der bisherigen Hauptverantwortlichen des Forums nicht. „Ich kann sie da doch nicht immer weiter planen lassen, wenn ich es nicht bezahlen kann“, sagt die Senatorin über Claassen-Schmal. Erstmal soll nun poltisch geklärt werden, was in dem Prachthaus in der City künftig gespielt wird. Und dann müsse die Geldfrage geklärt werden. Das nimmt Claassen-Schmal allerdings wunder: „Geld gab es doch bisher auch nicht“. Das wurde tatsächlich von Projekt zu Projekt neu aufgetrieben – warum man diesen Auftrag ihr jetzt nicht wieder gegeben hat, nachdem die Wirtschaft abgesprungen ist, bleibt ihr ein Rätsel. Denn Kritik an den bisherigen Ausstellungen habe es behördlicherseits nicht gegeben. Und Helga Trüpel erneuert von Mal zu Mal ihren Willen, das Haus auch tatsächlich mit Kunst zu füllen.
Mit Erfolg: „Unheimlich viele Leute haben diesen Ort im Laufe des Jahres neu oder wiederentdeckt“, sagt Claassen-Schmal. Aus anderen Städten kämen nicht nur Besucher, sondern auch Anfragen, gemeinsame Ausstellungen zu organisieren. Kultur, Wirtschaft und private Sponsoren hätten in die bisherigen Ausstellungen genau deshalb investiert, um die Bremer City nicht nur baulich, sondern auch kulturell attraktiv zu machen. Mit der Hopper-Ausstellung „haben wir doch bewiesen, daß es geht“, sagt Claassen-Schmal. Darüberhinaus sei durch die bisherigen Investitionen „ein musealer Standard geschaffen“ worden, der zukunftsträchtig sei. „Eigentlich hätte dieser Aufwand sich nur rechtfertigen lassen, wenn man jetzt mehr Privatleute mit Interesse an der Innenstadt motiviert hätte, sich für diese Sache zu engagieren.“ Der plötzliche Rückzug aus dem Projekt sei „absolut kontraproduktiv“.
Für die Kultursenatorin war der bisherige Aufwand dennoch „überhaupt keine Fehlinvestition“; sie verweist auf den aktuellen Ausstellungserfolg. Ob es weitere geben wird, soll gleichviel erstmal behördenintern besprochen und dann in der Kulturdeputation abgestimmt werden. Der Werkvertrag mit Claassen-Schmal läuft Ende Dezember aus, von einem neuen ist keine Rede: „Das Risiko“, sagt Trüpel, „war ihr immer klar.“ tom
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