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Geknebelt und in Hockstellung gefesselt

■ Ärzte haben neue Erkenntnisse zum Tod des Nigerianers in BGS-Gewahrsam

Frankfurt am Main (taz) – Der Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte ist mit seinen Untersuchungen der Umstände, die am 30.8.1994 am Rhein-Main-Flughafen zum Tode von Kola Bankole aus Nigeria führten, offenbar weiter gekommen als die ermittelnde Staatsanwaltschaft in Frankfurt am Main. Wie der Arzt und Psychotherapeut Claus Metz am Sonnabend mitteilte, sei dem Verein inzwischen bekannt, daß der damals kurz vor der Abschiebung stehende Nigerianer, der nach einer sogenannten Beruhigungsspritze angeblich an Herzversagen gestorben sein soll, von Beamten des Bundesgrenzschutzes (BGS) brutal gefesselt und geknebelt worden war. Der BGS habe Kola Bankole mit einem Mund-Nasen- Pflaster und mit Klebeband – einer sogenannten Trense – geknebelt. Und Kola Bankole sei in Hockstellung gefesselt gewesen, als ihm der Arzt die Spritze mit einer bestimmten Mittelkombination in den Oberarmmuskel rammte.

Als der Nigerianer danach zusammenbrach, seien von dem spritzenden Arzt „kaum geeignete Wiederbelebungsmaßnahmen“ ergriffen worden. Auch ein zweiter Notarzt soll nicht hinzugezogen worden sein.

Gegen den Arzt hat die Liste demokratischer ÄrztInnen in Hessen bei der Landesärztekammer inzwischen die Einleitung eines „berufsrechtlichen Ermittlungsverfahrens“ beantragt.

Pro Asyl, die demokratischen Ärztinnen und Ärzte und auch die IPPNW-Ärzte zitieren in einem Schreiben an die Staatsanwaltschaft vom vergangenen Mittwoch einen Kopiloten, der berichtet, daß von Grenzschutzbeamten in einem anderen Abschiebungsfall ein zu einer „Paketrolle“ verschnürter Mensch im Flugzeug „angeliefert“ worden sei. Beamte hätten den Mann geschlagen und ihn mit einem Knebel aus Textilklebeband über den Mund „und zum Teil auch über die Nasenlöcher“ ruhiggestellt.

Die Ärztinnen und Ärzte richten deshalb schwere Vorwürfe an die Adresse der Staatsanwaltschaft, die „schleppend und einseitig“ ermittle. Denn den zahlreichen Hinweisen auf einen Erstickungstod bei Kola Bankole sei die Staatsanwaltschaft bislang noch nicht dezidiert nachgegangen. Die Staatsanwaltschaft, so die Ärztinnen und Ärzte weiter, habe sich vorschnell auf eine natürliche, eventuell durch Beruhigungsmittelvergabe unterstützte Todesursache festgelegt.

Seit zehn Wochen würden die Ergebnisse der Untersuchungen über Art und Menge des verabreichten Beruhigungsmittels verschwiegen. Und Beamte des BGS, so Claus Metz, seien überhaupt noch nicht vernommen worden. Metz: „Die Staatsanwaltschaft hofft offenbar noch immer, daß gutachtende Ärzte ohne Kenntnis von der angewandten Knebelung eine andere Todesursache finden können.“

Im Zusammenhang mit dem Tod von Kola Bankole erinnerten die demokratischen Ärztinnen und Ärzte an einen von der Staatsanwaltschaft in Frankfurt längst zu den Akten gelegten Fall aus dem Jahre 1993. Im Mai des vergangenen Jahres war in einer Zelle des Bundesgrenzschutzes am Flughafen eine Frau unter mysteriösen Umständen verstorben. Offiziell hieß es danach, die „verwirrte Frau“ habe Suizid begangen. In ihrem Mund wurden Textilfetzen und Klebestreifenreste gefunden – und ihr Gebiß war zerbrochen. Nach der Intervention der ÄrztInnenorganisation will die Staatsanwaltschaft diesen Fall jetzt neu aufrollen. Klaus-Peter Klingelschmitt

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