: Erst Badezimmer, dann Sprachlabor
■ 150 Jahre Schularchitektur – vom Klassizismus über Pavillons zu Betongroßbauten
Vor dem Unterricht ging es erstmal in die Badewanne – Ende des 19. Jahrhunderts gehörten Duschen und Badewannen zur Grundausstattung Bremer Volksschulen. Heute reichen Handwaschbecken. Dafür gibt es Sprachlabors, Kuschelecken und Physikräume. Die Fotoausstellung „150 Jahre Schulbau in Bremen“ in der Landesbildstelle (Uhlandstraße 53, mo.-do.8-16, fr.8-14 Uhr) führt vor, wie sich mit den Bedürfnissen auch die Schularchitektur wandelte.
Als die allgemeine Schulpflicht eingeführt wurde, gab es noch keinen allgemeinen Schularchitekturstil. Für die ein- oder zweiklassige Landschule orientierte man sich deshalb am Wohnhaus – ein solches „Schulhaus“ steht in Strom. Bei den größeren Stadtschulen schwankte man zwischen den Stilen Klassizismus und Neogotik. Die Volksschulen wurden schließlich meist im gotischen Stil, die höheren Schulen im Stil der deutschen bürgerlichen Renaissance gebaut. Die 1875 gebaute Hauptschule an der Dechanatstraße (Foto ganz links) steckt (mit Rücksicht auf ihre klassischen Bildungsziele) voller klassizistischer Bauelemente. Bildung und Schule standen damals in hohem Ansehen – das zeigen die hohen Dächer und ihre Akzentuierung durch Türme., oft mit Uhr - die wurde von der umliegenden Bevölkerung häufig geradezu gefordert. Ohne die aufwendigen Verzierungen wären diese Bauten allerdings oft nur ein gtrister Klotz. Für die Bauten aus dieser als antidemokratisch und militaristisch verschrieen Epoche interessierte sich die bundesrepublikanische Gesellschaft lange nicht - schließlich auch kostete ihre Unterhaltung viel Geld. Erst ab Ende der 60er-Jahre wurden sie unter Denkmalschutz gestellt.
Die Bomben des Zeiten Weltkriegs beschädigten oder zerstörten 75 Prozent aller Klassenräume. Zunächst reparierte man, 1949 schließlich wurde der erste Schulneubau, die Grund- und Hauptschule an der Grambker Heerstraße, errichtet, als erste auch im sogenannten Pavillionstil – extra so konzipiert, daß die Klassenräume auch in eine Reihe von Siedlungshäusern hätten umgewandelt werden können. Erstmals waren Klassenräume von zwei Seiten belichtet, eingeschossig und ohne lange Flure zu begehen, umgeben von Grün (siehe Foto mitte, Schule in der Vahr). Der neue Skelett- und Fertigteilbau ermöglichte in den 60ern das muntere Verschieben von Wänden: Mehrfachturnhallen entstanden, außerdem sogenannte „Marktplätze“, die als Aula, Gymnastikhalle und Bühnenraum zugleich dienen sollten.
Die neuen Bildungsziele in den 70ern wie Chancengleichheit und wissenschaftliche Weltbewältigung erforderten abermals eine neue Architektur: Jede Menge Fachräume zum Beispiel, vor allem aber Großbauten. Die drei bislang strikt voneinander getrennten Schultypen sollten unter einem Dach zusammengefaßt bzw. sogar in Gesamtschulen aufgelöst werden. Betongroßbauten entstanden. Als eine der letzten neuen Großschulen wurde 1990 die Gesamtschule Mitte an der Hemelinger Straße gebaut (Foto rechts) – schon wieder ansprechender mit kleinräumiger Fassadengliederung. Ganz anders als die Klassikbauten hatten die Großschulen in den 70er-Jahren ihre Eingänge nicht aufwendig verziert, sondern optisch eher vernachlässigt. Damit sollte Schwellenangst abgebaut werden. Heute müht man sich wieder, diese Staubsaugeröffnungen freundlicher zu gestalten.
cis/ Fotos: Wolff
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