: Das Kinder-„Foltertreffen“ von Worms
■ In Mainz begann gestern der Prozeß gegen sieben Familienmitglieder, die in mehr als hundert Fällen sieben Kinder sexuell mißbraucht und mißhandelt haben sollen
Mainz (taz) – Vor der Dritten Strafkammer des Mainzer Landgerichts begann gestern der Prozeß gegen die mutmaßlichen KinderschänderInnen von Worms. Wegen sexueller Mißhandlungen und sadistischer Quälereien von sieben Kindern im Alter zwischen sechs Monaten und acht Jahren sind zunächst sieben Männer und Frauen angeklagt – darunter die leiblichen Eltern von fünf der mißhandelten Kinder und ihre 64jährige Großmutter. Ein Verfahren gegen weitere mutmaßliche TäterInnen, zu denen auch Onkel und Tanten gehören sollen, wurde abgetrennt.
Als Staatsanwältin Martina Fischl gestern die Anklageschrift verlas, drehte sich einigen der zahlreichen ZuschauerInnen schier der Magen um. In mehr als hundert Fällen und über einen Zeitraum von acht Monaten sollen die Angeklagten die ihnen als „Schutzbefohlene“ anvertrauten Kinder anal und vaginal vergewaltigt haben. Außerdem wurden die vier Mädchen und drei Jungen zu Oralverkehr und anderen sexuellen Handlungen gezwungen. So sei z.B. die dreijährige Isabelle B. von den Angeklagten mit Kot beschmiert worden. Andere Kinder, darunter auch das sechs Monate alte Baby, seien mit chirurgischen Klammern und Nadeln gefoltert worden. „Foltertreffen“ nannte Staatsanwältin Fischl die Zusammenkünfte der Familienmitglieder.
Dem Ehepaar Sandra und Klaus H. wird außerdem vorgeworfen, die eigenen Kinder gegen Bezahlung Fremden ausgeliefert zu haben. Dabei hätten die „Freier“ den Kindern auch in den Mund urinieren und ejakulieren dürfen. Nach allen Mehrfachvergewaltigungen seien die Kinder stets mit dem Tod bedroht worden, falls sie es wagen sollten, von ihrem Martyrium zu berichten.
Da sämtliche Angeklagten sich gestern weigerten, zur Sache auszusagen, wird den mißhandelten Kindern, die sich seit einem Jahr in der Obhut des Jugendamtes befinden, ein zweites Martyrium nicht erspart bleiben. Sie werden vor Gericht aussagen müssen. Allerdings hat der Kammervorsitzende bereits angekündigt, die Kinder alleine in einem Nebenraum befragen zu wollen. Die Vernehmung soll dann per Video in den Gerichtssaal übertragen werden.
Die Angeklagten, die seit knapp einem Jahr in Untersuchungshaft sitzen und gestern mit Handschellen vorgeführt wurden, zeigten sich von der Anklageschrift unbeeindruckt. Alle sieben gehören, anders als beim Prozeß um die als „debil“ eingeschätzten Kinderschänder von Flachlanden, der unteren Mittelschicht an. Der Prozeß vor dem Landgericht wird am Montag fortgesetzt. Klaus-Peter Klingelschmitt
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