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Pferd

■ Fanny Müller:

Daß die Bodega „Nagel“ am Hamburger Hauptbahnhof schon lang ein Insider-Tip ist, ist bekannt. Was weniger bekannt ist: Die Damentoiletten bei „Nagel“ sind ein absolutes must. Die dort zu besichtigenden Sprüche wechseln wöchentlich, halten aber ein gleichbleibend hohes Niveau, das als federführend für den gesamten norddeutschen Raum gelten dürfte. Angefangen bei den täglichen schmerzlichen Erfahrungen von Frauen: „Jeder ist seines Glückes Schmied, doch nicht jeder hat ein schmuckes Glied“, hinabsteigend in die Tiefenpsychologie: „Ödipus, du sollst deine Mutti anrufen“, hinaufsteigend in die Metaphysik: „Jesus, du bist unser Scheisser“, bis hin zu einem Bekenntnis, das mich letzte Woche arg ins Grübeln brachte: „Ich weiß 2 Sachen übers Pferd, von denen 1 sich nicht gehört“.

Nun weiß ich über eine Menge Leute eine Menge Sachen, die sich bestimmt auch überhaupt nicht gehören, wie Nägelkauen, Ladendiebstahl und sich heimlich Marianne Rosenberg über Kopfhörer reinziehen, trotzdem man gar nicht schwul ist.

Aber Pferde? Wo sollen die sich denn danebenbenehmen? Diese unschuldigen großen Hottehüs!

Das wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben. Insbesondere auch deshalb, weil berücksichtigt werden muß, daß ich selbst es war, die diesen Satz letzte Woche geschrieben hat. Ich weiß auch noch, daß mir die Bedeutung seinerzeit glasklar vor Augen stand. Weiter möchte ich mich zu diesem Thema nicht äußern. Über den Verlauf jenes Abends sind von meinen Bekannten schon genug unqualifizierte Aussagen verbreitet worden.

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