piwik no script img

Vietnamesen mißhandelt: Drei Jahre Haft

■ Ordnungsamtsmitarbeiter verurteilt

Frankfurt (Oder) (dpa) – Wegen sexueller Nötigung zweier Vietnamesen hat das Landgericht Frankfurt (Oder) gestern einen 29jährigen Angestellten des Ordnungsamtes Biesenthal (Kreis Barnim) zu drei Jahren Haft verurteilt. Das Gericht sprach ihn schuldig, im Sommer 1993 zwei vorläufig festgenommene vietnamesische Zigarettenhändler in seinen Amtsräumen sexuell genötigt zu haben. Der erste Prozeß in Berlin um die angebliche Mißhandlung eines Vietnamesen durch Polizisten zieht sich dagegen in die Länge. Statt – wie erwartet – ein Urteil zu verkünden, vertagte das Amtsgericht Berlin-Tiergarten das Verfahren auf kommenden Mittwoch.

Die Staatsanwaltschaft hatte in Frankfurt (Oder) vier Jahre Freiheitsentzug gefordert, die Verteidigung zwei Jahre auf Bewährung verlangt. Der Angeklagte hatte ein umfassendes Geständnis abgelegt. Zugunsten des Angeklagten, der in der Wendezeit als Bürgermeister tätig war, wertete das Gericht sein Geständnis und seine Reue. Strafverschärfend sei die Ausnutzung der Amtsautorität und der Hilflosigkeit der Opfer, so der Vorsitzende Richter.

Die Taten waren eher zufällig entdeckt worden. Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge war man bei den Ermittlungen gegen Bernauer Polizeibeamte wegen des Verdachts der Mißhandlung von Vietnamesen auf die Fälle gestoßen. Da sie in keinem sachlichen Zusammenhang zur Bernauer Polizei stehen, wurde das Verfahren abgetrennt.

In Berlin wird zwei Polizisten vorgeworfen, einen Vietnamesen im August 1993 vor einem Wohnheim im Bezirk Lichtenberg geschlagen und getreten zu haben. Zuvor hatten sie laut Anklage den Mann aufgefordert, den Kofferraum seines Wagens zu öffnen, in dem sie unverzollte Zigaretten vermuteten. Nächste Woche soll ein weiterer Tatzeuge vernommen werden. Insgesamt ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft in rund 50 Fällen gegen Polizisten wegen Mißhandlung vietnamesischer Zigarettenhändler und wegen Strafvereitelung im Amt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen