: Freier Himmel über Bosnien
■ Nato und UNO wollen die Überwachung des Bosnien-Flugverbots einschränken
Bonn/Brüssel (AFP/taz) – Nato und UNO haben sich offenbar auf eine Einschränkung der Überwachung des Bosnien-Flugverbots geeinigt. Das geht aus einem gestern von den britischen Independent Television News verbreiteten Bericht hervor. Demnach hatte am Nachmittag in Brüssel ein Nato-Mitarbeiter dem Generalsekretär des Bündnisses, Willy de Claes, gesagt, die Nato-Generäle Joulwan und Smith hätten sich mit dem Chef der UN- Schutztruppen, Lapresle, geeinigt, die Überwachung der Flugverbotszone herunterzufahren. US-Außenminister Christopher wies allerdings Berichte zurück, die Nato wolle die Überwachung „aufgeben“, schloß jedoch „operationelle Änderungen“ nicht aus. Noch am Mittag war gemeldet worden, die UNO habe bei der Nato die Aussetzung ihrer Militäraktion in Bosnien angeregt, doch die Allianz habe darüber noch nicht entschieden. Aus Sarajevo hieß es unter Bezug auf den britischen Fliegerkommandeur Timothy Hewlett, die Nato habe die Überwachung auf Anfrage der UNO seit etwa zwei Tagen ausgesetzt, da die bosnischen Serben ihre Bereitschaft gezeigt hätten, Luftabwehrraketen abzufeuern. Später erklärte Thant Myint-U, der zivile Sprecher der Blauhelme, die Entscheidung sei auf „höchster Ebene“ getroffen worden.
In der Diskussion um den Einsatz deutscher Tornados in Bosnien spielte die Bundesregierung zunächst auf Zeit. Bundeskanzler Kohl ließ durch seinen Regierungssprecher ausrichten, ein Einsatz deutscher Kampfflugzeuge erfordere eine sorgfältige Prüfung. Das Kabinett werde nach seiner Rückkehr vom KSZE-Gipfel am Mittwoch über das Thema beraten.
Während Verteidigungsminister Rühe und der künftige Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Karl-Heinz Hornhues (CDU), einen möglichen Tornado-Einsatz verteidigten, erklärte SPD-Bundesgeschäftsführer Verheugen, direkte Kampfeinsätze der Bundeswehr seien als konfliktverschärfend abzulehnen. Bundestagsvizepräsident Klose (SPD) dagegen befürwortet einen Einsatz der Bundeswehr in Bosnien unter bestimmten Bedingungen. Für die Bündnisgrünen erklärte Joschka Fischer, der mögliche Wert eines Einsatzes deutscher Tornados stehe in keinem Verhältnis zu dem entstehenden politischen Schaden.
Für Verwirrung in der Nato sorgte gestern nicht nur Bosnien – auch im Verhältnis des Bündnisses zu Moskau zeigt sich ein tiefer Riß. Am Donnerstag abend hatte der russische Außenminister Andrei Kosyrew seinen völlig überraschten westlichen Kollegen mitgeteilt, er werde das bereits abgesprochene Dokument über die Umsetzung der vereinbarten „Partnerschaft für den Frieden“ nicht unterzeichnen. Die unter Ausschluß Rußlands gleichzeitig geführte Debatte über die Nato-Osterweiterung lasse befürchten, daß die Partnerschaftsverträge reine Kosmetik seien. jg/rr Seiten 3, 8 und 10
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