: Die Queen ist eine Quasselstrippe Von Ralf Sotscheck
Queen Elizabeth hat eingewilligt, ihre Kontoauszüge zu veröffentlichen. „Wir glauben an Offenheit“, sagte ein Sprecher des Buckingham-Palasts, „und wir haben nichts zu verbergen.“ Eine lobenswerte Einsicht, doch sie kommt zu spät. Die Untertanen wissen längst, wieviel auf der Habenseite steht – schließlich werden die 20 Millionen Pfund (rund 50 Millionen Mark) von den Steuern abgezweigt. Inzwischen kennt man auch ein paar Zahlen auf der Sollseite. Es ist nicht nur bekannt geworden, daß „Lilibet“ – so nennt ihr Ehemann die Königin – im Jahr für mehr als eine Dreiviertel Million Pfund (rund 1,8 Millionen Mark) telefoniert, sondern auch die geheime Nummer ihres Privatapparats ist jetzt allgemein zugänglich. Das hat freilich nichts mit der versprochenen Offenheit zu tun, sondern ist einem Hacker zu verdanken, der den Hauptcomputer von British Telecom angezapft und die Details per Datennetz rund um die Welt geschickt hat.
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis gewiefte Hacker herausfinden, wieviel die Königin für den Unterhalt ihrer fünf Schlösser und rund hundert anderer Gebäude sowie für Gas, Strom und Wasser berappt. Daraus ließe sich dann ableiten, wie oft sie badet und wie viele Liter Tee sie verbraucht – die gläserne Queen: Wenn die Windsors im Juli zum erstenmal Einblick in ihre Konten gewähren, ist das längst ein alter Hut. Interessanter wäre ein Blick in ihr Sparbuch, aber das bleibt tabu: Die Notgroschen einer alten Frau gehen niemanden etwas an.
Doch zurück zum Hacker. Seine Aktivitäten haben bei British Telecom rote Ohren ausgelöst, denn er hat nicht nur die Geheimnisse der königlichen Familie ausgeplaudert, sondern auch die Privatadressen von Politikern und hochrangigen Militärs, die Standorte von Atomraketen und die Decknamen von Außenbüros der Geheimdienste. In Belfast sollen zahlreiche Mitglieder der IRA seitdem stumm in ihr Bier weinen, weil sie mit den Informationen wegen des Waffenstillstands vom August nichts mehr anfangen können. Besonders peinlich für Telecom ist die Tatsache, daß das vor zwei Jahren privatisierte Unternehmen zu den wichtigsten Regierungsberatern in Sicherheitsfragen gehört. Offenbar hat man die eigenen Empfehlungen sträflich ignoriert und die Computer-Passwörter neben die Geräte an die Wand geklebt. Die Telecom behauptet dagegen, daß „keine Sicherheitsvorschriften verletzt worden“ seien. Man darf gespannt sein, was bei der Untersuchung herauskommt: Sie wird von British Telecom durchgeführt.
Vielleicht stellt sich ja dabei heraus, daß die enttarnten Opfer selbst schuld sind. Telecom hat nämlich vor kurzem eine umstrittene Neuerung eingeführt: Wenn das Telefon klingelt, erscheint in einem Sichtfenster die Nummer des Anrufers. Der Angerufene kann dann entscheiden, ob er den Hörer abheben will. Tut er es nicht, dann speichert das Telefon die Nummer des Anrufers sowie die Uhrzeit. Will man das verhindern, so muß man eine dreistellige Kennziffer vorwählen. Hat die Queen das nicht gewußt und ihre Privatnummer versehentlich auf Tausenden von Telefonen deponiert? Bei einer Jahresrechnung in Höhe von einer Dreiviertel Million Pfund muß sie ziemlich viel telefoniert haben.
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