: Bündnisgrüne Bosnien-Resolution
■ Der Parteitag in Potsdam fordert verstärkte UN-Blauhelm-Präsenz und Schutz der UN-Sicherheitszonen
Berlin (taz) – Mit großer Mehrheit haben die Bündnisgrünen zum Abschluß ihres am Sonntag zu Ende gegangenen Parteitags in Potsdam-Babelsberg eine Resolution zum Krieg in Bosnien-Herzegowina verabschiedet. Darin warnt die Partei neuerlich davor, den Krieg im ehemaligen Jugoslawien für eine „Militarisierung der deutschen Außenpolitik“ zu nutzen. Zugleich werden jedoch Forderungen erhoben, die mit der bisherigen außenpolitischen Beschlußlage der Partei nur schwer in Einklang zu bringen sind.
So fordert der von dem Bremer Senator Ralph Fücks und von Ex- Parteisprecher Ludger Volmer gemeinsam eingebrachte Text eine „verstärkte UN-Blauhelmpräsenz an den Grenzen der republikanischen Gebiete in Zentralbosnien als Schutzschirm gegen militärische Angriffe“ sowie den „Schutz der UN-Sicherheitszonen in Bosnien-Herzegowina durch eine ausreichende Präsenz von UN-Blauhelm-Einheiten“. Bislang hatten sich die Bündnisgrünen in ihren außenpolitischen Beschlüssen noch immer geweigert, UN-Blauhelm-Kontingente als Mittel einer deeskalierenden Krisenintervention zu akzeptieren. „Zollpolizeiliche“ Überwachung durch UN- Verbände ohne die Mittel zur Selbstverteidigung markierten etwa auf dem Bonner Bosnienparteitag die Grenze pazifistisch vertretbarer Einsätze. In der Potsdamer Resolution fordern die Grünen jetzt ausdrücklich die Stationierung von „zur Selbstverteidigung fähigen“ Kontingenten. Daß die Resolution in einer von früheren außenpolitischen Debatten deutlich unterschiedenen, nachdenklicheren Atmosphäre eingebracht und mit großer Mehrheit verabschiedet werden konnte hing zum einen damit zusammen, daß die beiden Antragsteller, Volmer und Fücks, in den vorangegangenen außenpolitischen Kontroversen immer als Kontrahenten agiert hatten; zum anderen blieb auch die Rede von Ralph Fücks, der von seinen jüngsten Erfahrungen aus Bosnien berichtete, nicht ohne Wirkung auf die Delegierten. Fücks markierte noch einmal die politische Zäsur, die der ethnische Vertreibungs- und Vernichtungskrieg für die politische Kultur ganz Europas bedeute und unterstrich, daß es gerade die multikulturellen Städte im ehemaligen Jugoslawien sind, die die nationalistische Zerstörungswut auf sich ziehen.
Noch sei, so der Resolutionstext, die multiethnische und demokratische Tradition in Bosnien- Herzegowina nicht völlig zerstört. „Politisches Ziel der Staatengemeinschaft“ müsse es nun sein, „diese Gebiete zu bewahren und in jeder Hinsicht zu unterstützen“.
Daß zur Erreichung dieses Ziels auch die weitergehenden Forderungen vom Wochenende ausreichen könnten, darüber allerdings werden sich auch die Bündnisgrünen kaum Illusionen machen. Matthias Geis
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen