: Ich war ein Traumschiff
Das Sundance-Kid Robert Redford wird ein Intellektueller und unterstützt den europäischen Film. Die Euro-Tochter seines Indie-Instituts ist auf Drehbücher spezialisiert. ■ Von Mariam Niroumand
Robert Redford mag diese schmerzlich schönen Augen haben, mit denen er so wettergegerbt in die Welt blickt, man kann dem Mann nicht absprechen, daß er ein homme sincère ist. Immer wieder haben sich die Yellow-press-Paparazzi an ihm die Zähne ausgebissen; zu Liebe, Lust & Leid kein Kommentar. Auch die Sundance Ranch in den Bergen von Utah, auf der er seit Jahrtausenden lebt, wirft nichts ab als gepflegte Häuslichkeit. Man hält ihn zunächst für die Inkarnation des goldenen Meryl- Streep-gereiften Glamour-Manns, aber hoppla: Der Mann hat, was élan ein „intellektuelles Hinterland“ nennt. Mit 18 war Redford, der zur Zeit durch Europa tourt, um seinen demnächst startenden Film „Quiz Show“ anzuschieben, ein Amerikaner in Paris: Malerei, Bohème und splendid isolation.
Zehn Jahre nachdem ihn „Butch Cassidy and the Sundance Kid“ zum Star gemacht hatte, gründete er das Sundance Institute, eine Art Workshop für Independent-Filmemacher. Nun hat das vierzehn Jahre alte Institut einen französischen Ableger namens Equinoxe bekommen. Während Steven Spielberg mit seiner Firma Amblin Entertainment in junge Talente investiert, unterstützt Redford die bei ihm versammelten Regisseure eher ideell und mit seinem Namen: „Sex, Lies and Videotapes“ enstand ebenso unter seiner Patronage wie „Reservoir Dogs“ – ein Händchen hat er also.
Ein paar Jahre nach der Gründung des Instituts schlug das Sundance-Festival seine Zelte auf; Leute wie Glenn Close, Gabriel Garcia Márquez oder Terry Gilliam fingen an, Sundance-Kurse zu geben.
Trotz seiner kulturellen Ostbindung will er sich nicht einen Eurozentristen schimpfen lassen. „Wovon sprechen Sie“, hat er neulich nach einem Journalisten geschnappt, „haben Sie schon einmal etwas Amerikanischeres gesehen als ,A River Runs Through It‘?“
Sein Amerikanismus ist dem von Sam Shepard nicht unähnlich: ein bißchen Frontier-Mythos, ein bißchen Urdemokratie, die Kakteen, das Thoreausche einfache Leben, der Antizentralismus, nur ab und an weht ein Hauch Faulknerschen Wahnsinns hindurch.
Dieses Einfachheitsideal treibt auch seine Liebe zum europäischen Kino an, deren Stachel nicht zuletzt ein regelrechter Ekel vor den großen Filmbudgets ist. „Ich habe Leute, die keine Moral haben und nur in diesen obszönen Riesenbudgets denken können, immer verachtet. Man kann doch nicht die Technologie und die gewaltsamen Explosionen den Dialog verdrängen lassen.“
Redfords Mission paßt natürlich in die nach Gatt eingekehrte Friedlichkeit; wenn Miramax sich schon um europäische Filme kümmert, wird das wohl ein Schauspieler können, der immer der erste ist, wenn es gilt, ein Aids-Awareness- Bändchen zur Oscar-Verleihung zu tragen. Equinoxe, der französische Sundance-Ableger, liegt bei Bordeaux. Sony Pictures und Canal Plus sind die Hauptsponsoren, mit Unterstützung durch Sundance und das Centre National de la Cinematographie. Jeanne Moreau ist seine Ehrenpräsidentin, und sie hat keine Geduld mit lamentierenden Aspiranten: „Das französische Kino muß sich europäisieren; die Sprache von Shakespeare gehört nicht in den Mülleimer, und gegen amerikanische Effizienz ist beim besten Willen nichts einzuwenden.“ Überhaupt glaubt man gerade in Frankreich erstaunlicherweise nicht mehr, daß es nur der Mangel an Filmförderung oder überhaupt dem Budget ist, der den Filmen hier fehlt, sondern daß sie ein Attitude-Problem haben. Noälle Dechamps, der künstlerische Leiter von Equinoxe: „Man braucht ein Script mit einem dichten Plot. Das ist es, was Equinoxe will: Drehbücher entwickeln, ohne kulturelle Identität einzubüßen.“
Gerade die Drehbuch-Workshops, für die das Sundance-Institut inzwischen berühmt ist, haben Redford einen intellektuellen Nimbus verschafft, den er als Schauspieler nie und als Regisseur womöglich auch nicht unbedingt mobilisieren konnte. Entsprechend distanziert er sich – als schlösse eins das andere aus – von seiner Schönheit. Weil's so apart ist, im O-Ton: „I never thought of myself as handsome. And then suddenly I was referred to as a dreamboat. It was nice – at first. But then it grew and grew (sic!) and pretty soon I became a sex symbol.“
Wer noch für das nächste Semester ein Script bei Equinox einsenden möchte, wende sich an Noälle Dechamps, Tel: 0033-1-44 25 71 46
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