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Kabinett will Tornado-Einsatz beschließen

Einsatz der Jagdbomber soll Hilfsflüge wieder möglich machen / Ziel wären serbische Luftabwehrstellungen / SPD sieht noch keinen Entscheidungsbedarf  ■ Aus Bonn Hans Monath

Die Bundesregierung schafft Fakten, und die größte Oppositionspartei streitet sich über deren Bedeutung. Bereits am vergangenen Freitag hatte das Bundeskabinett beschlossen, daß Pioniere und Sanitäter der Bundeswehr sowie Tornado-Einsätze den Unprofor- Truppen im Falle eines möglichen Abzugs aus Bosnien helfen sollen. Heute wird die Zustimmung des Kabinetts für die Einsätze von Tornado-Kampfflugzeugen zur Sicherung von Hilfsflügen nach Sarajevo erwartet. Für Mittwoch sind Sondersitzungen des Verteidigungs- und Auswärtigen Ausschusses geplant. Über eine Sondersitzung des Bundestags, der das letzte Wort zu den Einsätzen hat, ist noch nichts bekannt.

Die humanitären Hilfsflüge müssen wegen der serbischen Bedrohung durch Flugabwehrstellungen seit dem 21. November ruhen. Auch die nächtlichen Abwurfaktionen wurden wegen der Bedrohung durch Batterien mit SAM- Raketen russischer Herkunft eingestellt. Die Hilfsflüge könnten nach Ansicht der Bundesregierung nur von den Bundeswehr-Jagdbombern geschützt werden, weil gegenwärtig in der Nato keine anderen Flugzeuge mit elektronischer Spezialausrüstung bereitstehen. Im Gebiet Sarajevo, so sollen Bundeswehroffiziere in Bonn gegenüber Parlamentariern erklärt haben, verfügten die Serben über zehn radargeleitete Raketenstellungen.

In der Bundestagsdebatte über die Außenpolitik hatte sich SPD- Chef Scharping vergangene Woche in der Tornado-Frage nicht festgelegt. Am Wochenende signalisierte er in einem Interview aber Zustimmung mit den Worten: „Wir wollen, daß humanitäre Maßnahmen durchgeführt werden. Und wenn man dabei auch Schutz bieten muß, dann muß man das tun.“ Gestern allerdings erklärte er der Nachrichtenagentur dpa, eine Entscheidung über den militärischen Shcutz der Hilfsflüge stehe noch nicht an. Prominente SPD-Linke widersetzen sich jedem Einsatz deutscher Tornados in Bosnien. Die stellvertretende SPD-Chefin Heidemarie Wieczorek-Zeul äußerte die Befürchtung, Deutschland könne schrittweise immer weiter in den Konflikt hineingezogen werden und schließlich „in einen Krieg hineinrutschen“.

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Voigt, bestritt gestern, daß die SPD unter Entscheidungsdruck stehe. Solange keine offizielle Nato-Anfrage vorliege, müsse seine Fraktion auch nicht dazu Stellung nehmen. Er erwartet eine solche Anfrage in allernächster Zeit. Der Bundestag werde voraussichtlich im Januar darüber entscheiden. Ob die Fraktion der Sozialdemokraten sich tatsächlich auf Voigts Zeitplan verlassen kann, scheint indes ungewiß. Aus Militärkreisen in Bonn verlautete, in Sarajevo könne die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln höchstens noch bis Ende des Jahres gewährleistet werden.

Für Bündnis 90/ Die Grünen hatte der Fraktionsvorsitzende Joschka Fischer vergangene Woche im Bundestag einen Tornado- Einsatz abgelehnt. Am Sonntag warnte auch der Sprecher des Bundesvorstandes, Jürgen Trittin, ein Blauhelmabzug laufe auf eine Intervention hinaus. Den Plan, Sanitäter und Pioniere zur Verfügung zu stellen sowie Tornados einzusetzen, nannte Trittin eine „Salamitaktik“. Auch der Vietnamkrieg habe mit amerikanischen „Beratern“ begonnen.

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