: Der oberste Postler ist ein Sozialdemokrat
■ Hans-Gottfried Bernrath wird Aufsichtsratschef der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation: Belohnung der CSU für gute Dienste in der Opposition?
Berlin (taz) – Die Post durfte privat werden, aber nur unter Aufsicht. An der Spitze der Dachgesellschaft, die für den Bund die verbliebenen Eigentümerrechte an den drei in die Freiheit entlassenen Postunternehmen wahrnimmt, sitzt Hans-Gottfried Bernrath, sozialdemokratischer Bundestagsabgeordneter. Zweifellos ein Postexperte, ungewöhnlich ist es dennoch, daß Wolfgang Bötsch als CSU-Minister ausgerechnet einen Mann der Opposition zum Chef der neuen Post-Holding (Bundesanstalt für Post und Telekommunikation) machte.
Verdienste erwarb sich Bernrath bei der Postreform II im Frühjahr dieses Jahres. Da für die Umwandlung der drei Postunternehmen in Aktiengesellschaften das Grundgesetz geändert werden mußte, war die Zustimmung zumindest eines Großteils der SPD- Abgeordneten erforderlich. Bernrath setzte sie gegen den langwierigen Widerstand anderer SPD-Postexperten durch, die eher die Interessen der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) vertraten. Kaum ein Dreivierteljahr später wird Bernrath von Bötsch auf einen gutdotierten Vorstandsposten Poststruktur gehievt. Das riecht stark nach Belohnung. Doch vielleicht schaute Bötsch auch weniger in die Vergangenheit als in die Zukunft, denn ab Jahreswechsel wird es in Postangelegenheiten eine Art „Cohabitation“ geben. Dem Postminister wird ein Regulierungsrat an die Seite gestellt, der von Bundestag und Bundesrat gemeinsam beschickt und deshalb eine SPD- Mehrheit aufweisen wird. Das Gremium soll sicherstellen, daß bei der Postderegulierung auch auf die Einhaltung des Infrastrukturauftrages geachtet wird; die „flächendeckende Versorgung“ ist inzwischen als Verfassungspflicht festgeschrieben.
Mit der Deregulierung selbst hat Bernrath allerdings gar nichts zu tun. Aufgabe der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation ist vielmehr die Wahrnehmung der staatlichen Eigentümerrechte an den Postunternehmen. Ihre wohl wichtigste Aufgabe wird sein, die Manteltarifverträge für die Postbediensteten mit der Gewerkschaft auszuhandeln. Der Großteil der 3.758 MitarbeiterInnen der Bundesanstalt wird sich jedoch mit der Verwaltung der betrieblichen Sozialeinrichtungen der alten Bundespost beschäftigen. Von seiten der SPD und der Postgewerkschaft gab es lange Zeit Pläne, die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation als „Management- Holding“ zu gestalten. Dann hätte Bernrath auch die operative Strategie der drei Postunternehmen steuern können. Jetzt dient sein Posten doch eher der Repräsentation. Christian Rath
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