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Unterm Strich

Tode heute mal ganz voneweg: Eduardo Mata, Mexikos bekanntester Dirigent und Komponist, kam zusammen mit Frau, Tochter und drei weiteren Insassen bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Jess Stacy, Swinger und als solcher führendes Mitglied des Benny-Goodman-Orchesters, erwischte es – immerhin 90jährig, in Los Angeles, Herzversagen. Blueser Ted Hawkins, im letzten Jahr noch einmal mit dem Titel „The Next Hundred Years“ erfolgreich, traf mit 58 der Schlag.

Und noch ein Nachruf: Ein nicht zu verachtender Quasi-Außenposten der Zeitung, die Sie gerade in Händen halten, der linksalternativen Tageszeitung, die Pizzeria „La Rita“, bis vor wenigen Tagen noch in herrlichster Fußläufigkeit zur Redaktion in der Friedrichstraße beheimatet, letztes Lokal vor der U-Bahn, ist nicht mehr. Reden wir nicht über die dort zu erstehenden Pizzen – sie waren irgendwie okay –, reden wir auch nicht von den Spaghetti mit Filetspitzen und ähnlichem Schnickschnack, der im Grunde schon das gesamte letzte Jahr über dem Verschwinden präludierte, singen wir statt dessen eine Penny-Lane-artige Kurzmeldung auf dieses innen höhlenartig ausgeputzte, irgendwie barackige Flachdachkonstrukt, auf seine Sitten, seine Kulte! Gewiß: Der „Sommergarten“, plakativ an der Stirnseite angekündigt, war immer schon von der Prosa der umliegenden Parkflächen wie entzaubert. Doch hier wie drinnen: Bier wurde einem von verständigen Männern („Rita“ selbst war nie zu sehen, sie ist gewiß verschollen, im fernen Italien oder gar tot) auf einfachen Zuruf hin unverzüglich vors Gesicht gestellt. Besonders jemütlich war's in den plüschartigen Sitzkojen im Winter, wenn zum allgemeinen Essensaroma, Bierdunst und Kleidermüffeln noch der sweet smell ölbetriebener Heizöfchen hinzukam – und die Gesamtatmosphäre ins gleichsam Wärmstubenhafte hinüberzog. And then the Zeitungsverkäufer was rushing in/from the pouring rain – very strange! Am verwaisten Ort verspricht ein kleiner Zettel einen Neuanfang „gleich um die Ecke“ – doch das tröstet wenig. Denn verschwunden ist mit „La Rita“ nicht nur einer der letzten Repräsentanten der Garagengastronomie in diesem bald hin- und hergerichteten Viertel hier, sondern auch eine weitere Bastion original Altberliner Häßlichkeit. Und die schätzt man erst, wenn die Pest des Neuen mit seinen gleißnerischen Glücksversprechen sich voll entfaltet. So ist's ja immer (siehe auch „Neugestaltung“ des Bahnhofs Zoo und manches andere): geht Teufel, kommt Beelzebub.

Herta Müller hat für den Fall einer Vereinigung der beiden deutschen PEN-Zentren mit ihrem Austritt aus dem Club gedroht. Der in Leipzig ansässige Ost- Pen habe sich zu DDR-Zeiten als „loyale Institution der Diktatur“ erwiesen, heißt es in einem Brief an Gert Heidenreich, den Präsidenten des West-PEN.

Eine „gleichwertige und gleichberechtigte“ Vereinigung, wie sie der Ostverband wünsche, legitimiere dessen totalitäre Tradition“ und verstoße so gegen die Charta der internationalen Autorenvereinigung. Heidenreich und Generalsekretärin Christa Dericum kündigten eine Abstimmung über etwaige Fusionsverhandlungen für die Jahrestagung des West-PEN vom 18. bis 20. Mai an.

It's a man's man's world: Alt-Macho James Brown sieht einer 30tägigen Gefängnisstrafe entgegen, nachdem er seine Frau Adrienne geschlagen hat. Gegen eine Kaution von exakt 279 Dollar und 25 Pence wurde Brown vorläufig freigelassen, der Prozeßtermin soll demnächst bekanntgegeben werden. Wird schwierig für Brown, der zur Zeit ohnehin auf Bewährung draußen ist, nachdem er 26 Monate wegen schwerer Körperverletzung, Widerstands gegen die Staatsgewalt und Waffengebrauchs abgesessen hat (siehe auch angrenzenden Kasten „Straight outta Haftpause“).

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