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Der tschetschenische Taxameter läuft und läuft und läuft und ...

■ Die „punktförmige Bombardierung“ des russischen Staatshaushaltes oder: Wie viele Billionen kostet der Krieg?

Zu allen Zeiten war ein Krieg so ziemlich das Ruinöseste, was man sich für eine Staatskasse vorstellen kann. Die „tschetschenische Operation“ ist da keineswegs eine Ausnahme.

Nach Angaben des russischen Finanzministers Wladimir Panskow haben allein die ersten zehn Tage des Krieges Rußland vierhundert Milliarden Rubel gekostet (etwa 177 Millionen Mark, 1 Mark entspricht 2.255 Rubel, d. Red.). Die zweiten zehn Tage sind noch teurer gewesen – bis zum neuen Jahr kosteten sie schätzungsweise nicht weniger als eine Billion Rubel. Was ist das heute bei uns, eine Billion Rubel? Zum Vergleich: Alle Einlagen der russichen Bevölkerung in den Sparkassen betragen heute zusammengenommen elf Billionen Rubel. Haben wir das ganze Leben lang gespart, um das alles in weniger als einem halben Jahr wieder auf den Kopf zu hauen?

Noch zu „Friedenszeiten“ stellte die Regierung bei der „Kompromißkommission“ der Duma den Antrag, für den Wiederaufbau der tschetschenischen Region eine Billion Rubel zu bewilligen. Diese Summe rief bei der einen Hälfte der Wirtschaftsexperten Gelächter hervor, bei der anderen ein bedeutungsvolles Sich-an- die-Stirn-Tippen. Eine Billion ist nur ein Bruchteil dessen, was die Föderation in eine Republik pumpen müßte, in der im Verlauf von drei Jahren „Unabhängigkeit“ alles geklaut oder demontiert wurde, was nicht niet- und nagelfest war. Rußland hat in diesem Jahr allein zwei Billionen Rubel in Form von Steuerermäßigungen aufgewandt, um der Wirtschaft im benachbarten Inguschetien auf die Füße zu helfen – nur so, als erste Notmaßnahme. Und dieses Gebiet bleibt, gemessen am Ausmaß seines Territoriums und seines industriellen Potentials, bei weitem hinter Tschetschenien zurück.

Wenn man einmal in Betracht zieht, daß die damalige Regierungsrechnung die Verwüstungen nicht berücksichtigt, die durch die „punktförmige Bombardierung“ Tschetscheniens und die Heeresbewegungen angerichtet wurden, dann kann man die bisher laut geäußerten Ansprüche an den Staatshaushalt gestrost mit zehn multiplizieren.

Noch zu Beginn des Winters war Grosny eine normale Stadt, jetzt ist es nur noch ein Haufen Ruinen. Die Bombenanschläge haben „punktförmig“ den Fernsehturm getroffen, eine Ölraffinerie, diverse Eisenbahnknotenpunkte – wieviel wird uns dereinst allein die Wiederherstellung dieser Objekte kosten? Dafür hat man bei unseren Flügen offenbar an Laserzielvorrichtungen gespart.

Weiter, und nun schon ganz konkret: Das Vergnügen, die tschetschenische Republik wieder in die Arme der russischen Föderation zu schließen, wird Lieferungen landwirtschaftlicher Produkte im Werte von 89 Milliarden Rubel kosten, dazu 140 Milliarden Rubel technische Hilfe und mindestens 116 Milliarden Rubel zur Wiederherstellung der Eisenbahnverbindungen (mit deren Zerstörung man ja jetzt noch gar nicht so richtig begonnen hat). Etwa genausoviel werden wir für das Flicken von Kommunikationssystemen aufwenden müssen. Der stellvertretenden Vorsitzende des Haushaltskomitees der Duma, Alexander Potschinok, ist überzeugt: Wenn sich der Krieg in Tschetschenien noch ein paar Monate hinzieht, dann können wir getrost unseren „nichtdefizitären“ Staatshaushalt vergessen, samt jeglicher Sozialpolitik und unserer Hoffnung, der Inflation Einhalt zu gebieten. Das ist keine pazifistische Propaganda.

Das Staatsbudget für das nächste Jahr sieht für alle „soziokulturellen Maßnahmen“, also für die Medizin, die Bildung und die Kultur zusammengenommen, insgesamt 15,1 Billionen Rubel vor. Wenn wir noch zwei Monate kämpfen, können wir die Medizin streichen. Kuriert euch gefälligst selbst! Nach weiteren zwei oder drei Monaten können wir dann endlich die Schulen schließen. Na und Kultur haben wir ja sowieso keine...

Wir befinden uns ganz und gar in der Situation von Leuten in einem Taxi, dessen Zähler läuft, ganz gleich, ob der Wagen steht oder rollt. Nur da, wo wir sitzen, ist bestimmt nicht das Steuer. Andrej Lapik und Juri Rjaschski

Der Text wurde mit Kürzungen aus der Tageszeitung „Moskowski Komsomoljez“ vom 30. 12. 94 entnommen. Übersetzung: Barbara Kerneck

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