: Rexrodt sieht seine Partei nicht auf Rechtskurs
■ Auf FDP-Landesparteitag am Wochenende droht heftiger Richtungsstreit
Für seine Partei, so donnerte gestern der Bundeswirtschaftsminister und Berliner FDP-Landesvorsitzende Günter Rexrodt, sei eine „Richtungsdiskussion so überflüssig wie ein Kropf“. Weder rechts noch links, sondern in die Mitte gehörten die Liberalen. Rexrodt wehrte sich gegen den Eindruck, der Berliner Landesverband werde durch Rechtsradikale unterwandert. Seit zwei bis drei Jahren gebe es eine Zuwanderung „junger Leute“ im Bezirksverband Tempelhof, die man „vielleicht als bündisch oder national orientiert“ bezeichnen könnte. Der Landesvorstand sei bemüht, in Einzelgesprächen den Bewerbern auf den Zahn zu fühlen, versicherte Rexrodt.
Zwischen rechten und linken Kräften dürfte es an diesem Samstag auf einem außerordentlichen Landesparteitag hoch hergehen, wenn über die zukünftige Marschroute für die Abgeordnetenhauswahl im Oktober entschieden wird. Mehrere Bezirksverbände und der Vorstand der Partei haben sich für eine Landesliste ausgesprochen. Hierfür ist eine Zweidrittelmehrheit der 350 Delegierten notwendig. Begründet wird die Landesliste unter anderem mit den geringen Wahlchancen für Ostberliner Kandidaten. Bei einer Bezirksliste müßte etwa ein FDP-Kandidat in Weißensee rund 16 Prozent erhalten, um ins Parlament zu ziehen. Zugleich können mit einer Landesliste aber auch mögliche extremistische Kandidaten von vornherein ausgeschlossen oder auf einen ungünstigen hinteren Platz verwiesen werden. Bekäme die FDP fünf Prozent der Stimmen, kämen wahrscheinlich nur die ersten acht auf der Landesliste ins Abgeordnetenhaus.
Das Domizilprinzip, mit dem der Wechsel von Mitgliedern eines Bezirksverbandes in einen anderen verhindert werden könnte, wird am Samstag nicht eingeführt. Hierfür wurde kein Antrag eingereicht. Das Domizilprinzip war von Linksliberalen in die Diskussion gebracht worden, um der Gefahr rechter Machtverschiebungen in einzelnen Bezirksverbänden zu begegnen. Der Landesvorstand will den Delegierten am Samstag eine Wahlplattform zur Diskussion stellen. Diese soll voraussichtlich Ende März auf einem ordentlichen Landesparteitag verabschiedet werden.
Rexrodt wollte nicht ausschließen, daß dabei die Papiere der Jungen Liberalen sowie einer Gruppe von FDP-Mitgliedern um die ehemalige linksliberale Landesvorsitzende Carola von Braun mit einfließen könnten. Die Programmatik der rechten FDPler um den früheren Generalbundesanwalt Alexander von Stahl bezeichnete Rexrodt als nur „bedingt bedeutsam“, da sie „in der Summe der Positionen darauf abzielt, die Partei nach rechts zu bewegen“. Severin Weiland
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen