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Zedillos Spielräume werden enger

■ Der Pesosturz wird die politischen und sozialen Probleme in Mexiko verschärfen, und der Präsident kann sie nicht mehr mit finanziellen Konzessionen befrieden

Die mexikanische Finanzkrise wird drastische soziale Folgen haben. Selbst wenn sich die Prognosen von lediglich 18 Prozent Inflation für das laufende Jahr bestätigen würden, von denen Regierung und Gewerkschaften im kürzlich abgeschlossenen „Sozialpakt“ ausgingen, bedeutet das einen deftigen realen Einkommensverlust der Beschäftigten. Dabei wäre dieses Szenario noch günstig. Denn die mexikanische Gesellschaft kennt das Leben mit der Inflation – und ist die Panik erst einmal im Gange, dann beschleunigt neben ausbleibenden Investitionen auch der individuelle Versuch, sich vor Einkommensverlusten zu schützen, die Inflationsspirale um so mehr. Die jetzt von internationalen Geldgebern in Aussicht gestellten Kredite könnten kurzfristig zwar den Verfall der Währung bremsen. Eine nachhaltige Lösung aber ist das nun gerade nicht. Mexikos Regierung muß sich mehr einfallen lassen, um zu verhindern, daß sich die ohnehin schlechten Zahlen des vergangenen Jahres in eine offene Krise verwandeln.

Das ist nicht nur wirtschaftlich gar nicht so einfach. Denn Mexikos frischgebackene Regierung muß gleichzeitig auch auf der politischen Ebene Lösungen für all die Probleme anbieten, die im vergangenen Jahr mit Macht auf die Tagesordnung drängten. Und das ist mehr als nur der Konflikt in Chiapas. Der indianische Aufstand zeigte, wer im Fieber des Nafta- Beitritts und der ökonomisch-sozialen Modernisierung Mexikos einfach vergessen worden war. Die von den Zapatistas wiederangestoßene Debatte um die politische Demokratisierung aber, die politischen Morde, die ungekannt heftigen Zusammenstöße der verschiedenen Machtgruppen innerhalb der ewigen Regierungspartei PRI ließen schon im vergangenen Jahr ahnen, daß die Zeit für eine grundsätzliche politische Reform reif war. Die MexikanerInnen trauten sich nicht, diesem Wunsch nach Veränderung auch mit den Stimmzetteln Ausdruck zu verleihen. Die Angst vor politischer Instabilität war stärker. Zudem hatte Zedillo versprochen, den politischen Reformprozeß in Gang zu halten. Vor allem aber schien sich die politische Krise noch nicht auf die wirtschaftlichen Erfolge auszuwirken. Das wirtschaftliche Konzept der Salinas-Regierung blieb außer Diskussion.

Mit der Peso-Krise hat sich diese Situation nachhaltig verändert. Nicht nur, daß jetzt zutage tritt, wie unglaublich dünn der Boden war, auf dem Präsident Salinas mit stolzgeschwellter Brust den Eintritt in die Erste Welt verkündet hatte. Auch die Spielräume des neuen Präsidenten Ernesto Zedillo verengen sich. Es wird schwieriger, mit Sozialprogrammen und punktueller Umverteilung wie schon so oft in der Vergangenheit zu verhindern, daß sich verschiedene politische Konflikte zu einem grundsätzlichen akkumulieren. Zedillo hätte der Präsident sein sollen, der nach der Erledigung der wirtschaftlichen Transformation durch Salinas nun auch das politische System an die neue Zeit anpaßt. Statt dessen muß er den MexikanerInnen Opferbereitschaft abverlangen und damit rechnen, daß neue soziale Konflikte ins Haus stehen, für deren Abmilderung er wiederum kein Geld hat. Die „Wiederkehr des wilden Mexiko“ hatte der Politikprofessor Jorge Castañeda im vergangenen Jahr angesichts der Polit-Attentate befürchtet. Jetzt steht auch die Wiederkehr des sozial polarisierten Mexiko ins Haus. Bernd Pickert

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