■ Die Golfregion ist instabiler denn je: Vorbei die Zeit von Milch und Honig
Vier Jahre nach dem Golfkrieg bleibt die Frage der Sicherheit der Golfstaaten und der arabischen Halbinsel immer noch ein ungelöstes Problem. Eines der strategischen Hauptziele der „Operation Desert Storm“, eine Atmosphäre zu schaffen, in der die für die Industriestaaten lebenswichtige Ölregion befriedet werden kann, darf getrost ad acta gelegt werden.
Die Intensität der Konflikte, die die Region heute erlebt, ist direktes Ergebnis des Golfkriegs. Im jemenitischen Bürgerkrieg vor einem halben Jahr mischte Saudi-Arabien massiv auf der Seite des südlichen Jemen mit. Einer der Hauptgründe: Im Golfkrieg gingen Saudi-Arabien und Jemen unterschiedliche Allianzen ein. Riad lud die US-Allianz ins Land, Jemen solidarisierte sich mit Saddam Hussein. Alte Meinungsverschiedenheiten wurden verschärft. Auch der andauernde Grenzkonflikt, obwohl schon Jahrzehnte alt, geht in seiner jetzigen Schärfe auf die Spaltung während des Golfkriegs zurück.
Die Idee, die Golfregion mit einer großen militärischen Operation zur Ruhe zu bringen, ist, wie gesagt, gescheitert. Das Gegenteil ist der Fall. Saudi-Arabien marschiert an der jemenitischen Grenze auf, Irak an der kuwaitischen. Der Iran streitet sich mit arabischen Golfstaaten um einige Inseln. Weder der Irak noch der Iran wird sich in Zukunft damit zufriedengeben, aus dem Sicherheitssystem des Golfs ausgeschlossen zu bleiben. Saudi-Arabien ist trotz der militärischen Hochrüstung zu schwach, um die Rolle des Wächters am Golf zu übernehmen. Gedient hat diese Aufrüstung nur den Bilanzen westlicher Rüstungsfirmen.
Verloren hat den Golfkrieg nicht nur der Irak. Die Golfstaaten sind so verwundbar wie noch nie. In Saudi-Arabien, Kuwait und Bahrain wächst die Oppositionsbewegung. Die Zeiten von Milch und Honig sind vorbei. Das Öl ist real gesehen so billig wie seit dem Oktoberkrieg 1973 nicht mehr.
Sämtliche Lösungsinstrumente sind indes ausgeschaltet. Der arabische Nationalismus und mit ihm die vor 50 Jahren gegründete Arabische Liga sind tot. Die nach dem Golfkrieg unterzeichnete Damaskusdeklaration, laut der die Sicherheit der Golfregion in Zukunft ein gemeinsames arabisches Projekt sein sollte, war schon wenige Wochen nach der Unterzeichnung nicht mehr das Papier wert, auf dem sie geschrieben worden war. US-Eingreiftruppen dürften sich auf Dauer auch als unfähig und zu kostspielig erweisen, um die Lücke zu füllen. Alles sieht bisher aus wie ein todsicheres Rezept für Instabilität, ohne jegliche Perspektive. Karim El-Gawhary, Kairo
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