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Der Mann, den sie Auto nannten Von Hans-Hermann Kotte

So alt ist er noch gar nicht, der Gewerbezweig des Gebrauchtwagenhandels – und doch gibt er schon Stoff her für eine Familientragödie. Klein war der Anlaß, die Hintergründe dieses in den Kulissen eines der führenden Gebrauchtwagenhandelshäuser des Landes (Umsatz mehr als 200 Millionen) stattfindenden Trauerspiels zu recherchieren. Doch wahrhaft groß ist das Drama.

Am Dienstag dieser Woche kam in der taz eine Presseerklärung von Auto-Becker in Düsseldorf an, in der der Geschäftsführer das innige Verhältnis seiner Firma zur Presse erklärt. Außerdem geht Helmut Becker auf das Verhältnis zu seinem – kürzlich im Alter von 80 Jahren verstorbenen – Firmengründervater Wilhelm ein: „Mit die besten Freunde hatte mein Vater bei der Presse. Auf die Resonanz seiner Pressekonferenzen war er immer besonders stolz. Daß sein Tod zu einem der größten Medienerfolge für Auto Becker wurde, ist für mich persönlich einerseits traurig, weil ich nicht nur meinen Vater, sondern auch meinen besten Freund verloren habe. Andererseits weiß ich, daß der in den Artikeln über ihn und sein Lebenswerk zum Ausdruck gekommene Respekt ihm gutgetan hätte, hätte er ihn erlebt. (...) Mein Vater sprach oft vom Weiterleben in seinem Sohn.“

Mit der Sprache des Verzweifelten strampelt sich Helmut Becker (54) ab, um an die PR-Leistungen seines Vorgängers anzuknüpfen. Doch er hat keine Chance. Denn Vater Wilhelms Verhältnis zur Presse war mit Hochleistungsöl geschmiert. „Der Mann mit dem Vornamen Auto“ wurde der Gebrauchtwagenpionier in den wirtschaftswunderlichen Zeitungselogen genannt, „Vierradkönig“ „Ritter von der zweiten Hand“. Vom „Kind eines armen Hunsrückbauern“ zum „Millionär wie du und ich“, der „seinen Teil zur Motorisierung der Deutschen beigetragen hat“.

Einer, der gegen die „Verteufelung des Autos aus ideologischen Gründen“ antrat (Die Welt), der nur vor drei Dingen Angst hatte: „Krankheit, Krieg und Kommunismus“. Schon 1954 erschien der erste Spiegel-Artikel über den Gebrauchtwagenhändler, 1964 würdigte ihn die Zeit auf einer halben Seite als einen, der „Wagen aus Deutschland in alle Welt“ verkaufe und der einst noch aus kleinsten afrikanischen Staaten „Volkswagengestade“ und „Mercedesländer“ machen werde. Lob des Selfmademans zu jedem Neujahrsempfang, jeder Pressekonferenz, jedem runden Geburtstag. Alfa Romeo gratulierte mit ganzseitigen Anzeigen.

Sohn Helmut kommt hingegen sehr viel schlechter weg beim schleimigen Hupkonzert im Blätterwald: Ihm habe der Vater befohlen, so Die Welt im Jahre 1976, „sich zur Charakterläuterung freiwillig zur Bundeswehr zu melden“. Als „Leutnant heimgekehrt“, sprintete der Junior nun brav jeden Tag „barfuß über das Firmengelände“, um sich für die Nachfolge fit zu halten.

Helmut Becker will jetzt, bei seiner ersten Pressekonferenz ohne den Alten am 22. Dezember, eine „Talkrunde ,Was nun, Helmut Becker?‘ durchführen“. Vermutlich wird sich dann plötzlich der Geist des Vaters seiner bemächtigen, und es wird das wichtigste Bekenntnis des „Missionars, der Gas gibt“ zu hören sein: „Die Firma hat immer Vorfahrt.“

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