■ PDS und Diepgens Demontage: Bericht aus Bonn
Wie kommt ein 340-Seiten-Dossier aus dem Berliner Landesamt für Verfassungsschutz auf den Redaktionstisch einer rechten Wochenzeitung in Bonn? Eine Woche vor dem Bundesparteitag der PDS bekommt diese gezielte Information den Ruch politischer Einflußnahme und schadet vor allem einer Person: dem seit November politisch Verantwortlichen für den Verfassungsschutz, Eberhard Diepgen. Ihm kann man deshalb am ehesten glauben, daß er das Geheimpapier erstens nicht unterderhand weitergegeben hat und zweitens noch gar nicht kennt.
Der „Bericht aus Bonn“ nährt daher ein Gerücht, das sich in den Fluren des Abgeordnetenhauses hartnäckig halten will. Der Regierende Bürgermeister soll zu einem „freiwilligen Rücktritt“ gezwungen werden, weil nur so der Weg für einen anderen Kandidaten frei zu machen sei. Dieses Gerücht, mit dem die Sozialdemokraten natürlich dem designierten Spitzenkandidaten der CDU schaden wollen, wird nicht nur immer wieder aus Kreisen der SPD kolportiert, sondern besonders aus den Reihen der CDU. Das mag auf den ersten Blick verwundern, geht doch Diepgens öffentlich betriebene Demontage zu Lasten der gesamten Partei. Dies zeigt aber deutlich an, wie stark die innerparteiliche Unzufriedenheit mit dem Regierenden und Landesvorsitzenden sein muß. Er zeige zuwenig Profil, heißt es, und auch seine wohlwollenden Gesten den Ostberlinern gegenüber werden ihm übelgenommen. Mit seinem Vorschlag, die Regelanfrage bei der Gauck-Behörde für den öffentlichen Dienst einzuschränken, hat er sich in den Augen vieler CDU-Politiker zu stark an Stolpe angenähert.
Bevor weiter mit belastenden Geheimpapieren in den Hinterstuben gekungelt wird, sollte die CDU lieber richtig Politik machen. Daß dabei allein neue Köpfe – Rupert Scholz, Klaus Töpfer oder wer auch immer – helfen, ist zu bezweifeln. Dirk Wildt
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