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A Senti-fucking-mental Journey Von Ralf Sotscheck

Der Sommer ist nicht mehr weit, wenn man den irischen Tourismusstrategen glauben kann. Seit einiger Zeit zerbrechen sie sich den Kopf darüber, wie man die ausländischen BesucherInnen auch in die Gaeltachts locken kann – jene kleinen Gebiete vor allem im Westen der Insel, in denen das irische Gälisch noch als Umgangssprache benutzt wird. Vor kurzem wurde im Rahmen eines EU-Programmes ein Bericht veröffentlicht, der die Frage beantwortet: Man müsse an den Grenzen der Gaeltachts Schilder aufstellen, auf denen die Gäste in irisch begrüßt werden: „Fáilte go dti an Ghaeltacht.“ Dann kommen sie schon von selbst drauf, daß sie sich in einer „kulturellen Fundgrube mit deutlich anderem Image“ befänden.

Als ob das irische Englisch nicht genug Tücken aufweisen würde – zum Beispiel in Dublin: Abgesehen von der Geschicklichkeit, ganze Sätze zu formulieren, ohne den Mund dabei sonderlich zu bewegen, gibt es einige Eigenarten des Dubliner Dialekts, die Anlaß zu Mißverständnissen geben könnten, wie die eigentlich nicht vorgesehenen Füllbuchstaben: So ist ein „Fillem“ nichts anderes als ein Film. Und der Unterschied zwischen „th“ und „t“ besteht beim Dublin-Englisch nur auf dem Papier. Wenn ein Dubliner „tree slices of cake“ bestellt, meint er damit keinen Baumkuchen.

Hinterwäldler heißen bei der Stadtbevölkerung geringschätzig „Culchies“ – das sind in ihren Augen alle IrInnen, die nicht in Dublin leben. Das Spottwort kommt von Kiltimagh, einem Dorf in Mayo, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Um die Sache für BesucherInnen noch zu komplizieren, sprechen die „Culchies“ keineswegs dieselbe Sprache. Es gibt fast so viele Dialekte, wie es Orte gibt – aber auch viele Gemeinsamkeiten. So ist das irische Englisch blumiger als das Original und reicher an Metaphern. Ein besonders geschwätziger Mensch kann einem Sägeblatt die Zähne abschwatzen: „That man would talk the teeth out of a saw.“ Und ein Schwächling kann nicht mal die Haut vom Reispudding abziehen: „He couldn't pull the skin off a rice pudding.“

Besonders bemerkenswert ist die irische Kunst des Fluchens. Patrick Weston Joyce schrieb im Jahr 1910: „Während sie sich beim Fluchen innerhalb sicherer Grenzen bewegen, muß dennoch zugegeben werden, daß viele Menschen eine geheime Bewunderung – die im stillen lauert und selten in Worte gefaßt wird – für einen guten, ausgewogenen Fluch hegen, solange er nicht durch Gottlosigkeit schockiert.“ Die Zeiten haben sich geändert. Heute sind viele Schimpfwörter und Verwünschungen aus der Sexualsphäre entliehen. Erstaunlich ist die vielseitige Verwendungsmöglichkeit von „fuck“. Meist erschließt sich die tiefere Bedeutung erst aus der Betonung. Bei manchen IrInnen scheint sich der Adjektiv-Wortschatz weitgehend auf „fucking“ zu beschränken, mit dem dann auch jedes Substantiv verziert wird. Sehr gut kommt es auch als Einschub: „Senti-fucking-mental.“

Doch zurück zum Irischen, wo auch die Flüche viel phantasievoller sind und dunkler Stuhlgang als Zeichen für eine schwere Krankheit gilt. Wenn man jemandem Böses will, wünscht man ihm also: „Nár gheala do chac ort!“ Möge deine Scheiße niemals hell werden.

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