: Vorschlag
■ Black Crowes in Huxley's Neuer Welt
Wie kann man nur so hausbacken sein, so altmodisch, daß sich jeder Song anhört, als hätte ihn die Hebamme einem schon zur eigenen Geburt vorgespielt? Kann man so auf den Zeitgeist scheißen, daß selbst die demonstrativ getragenen Schlaghosen kein bißchen hip aussehen? Daß die Hemden wirken wie von Muttern gestrickt? Darf sich jedes der reichlichen Gitarrenriffs anhören wie von den Stones geklaut, ohne daß man massenhaft Urheberrechtsprozesse an den Hals bekommt? Kann man noch Videos drehen, die das Live-Erlebnis glorifizieren? In denen in erdbraunen Farben festgehalten wird, daß Tausende von Menschen begeistert die Hände im Rhythmus über dem Kopf schwenken? Videos, in denen man die Band backstage die Erschöpfungszigaretten rauchen sieht, während sie Handtücher um den Hals gewickelt haben? Und werden solche Videos dann auch noch tatsächlich auf MTV von morgens bis spät in die Nacht weggedudelt? Darf man quietschjung sein und sich genauso benehmen wie die eigenen Eltern? Darf man dann auch noch alte Rocklegenden beschimpfen, bloß weil die nicht stehenbleiben und mal Sampling ausprobieren? Darf man in riesigen amerikanischen Stadien spielen und trotzdem immer noch behaupten, man wäre unabhängig, und es trotzig und stolz ablehnen, sich die Tour von Bierbrauern sponsern zu lassen? Kann man Dinge sagen wie: „Jeder kann sich hinstellen und Lärm machen und Soli spielen“ und dabei vergessen, daß es genau das war, was ihre Vorbilder in den 60ern und 70ern auch wollten? Hat man da nicht etwas sehr falsch verstanden? Und vor allem: Darf man mit einem solchen historischen Irrtum mehr als zehn Millionen Platten verkaufen? Kurz gefragt: Kann man einfach so tun, als wäre der Rock 'n' Roll erst vorgestern erfunden worden?
Man kann, man soll, man darf. Wenn man aus Georgia kommt und The Black Crowes heißt. Thomas Winkler
Am 25.1. um 20 Uhr in Huxley's Neuer Welt, Hasenheide 108–114, Neukölln
The Black Crowes Foto: BMG
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen