: "Wie das Ding heißt, ist mir egal"
■ Renate Schmidt, bayrische Landesvorsitzende und Präsidiumsmitglied der SPD, möchte eine Energiesteuer vor allem für die Förderung regenerativer Energien nutzen / Kohleförderung soll schrittweise...
taz: Der Bundesverband der Industrie spricht von der „Suche nach dem verlorenen Kohlepfennig“. Ihr Kollege im SPD-Präsidium, Gerhard Schröder, will eine Energiesteuer. Sie selbst sagen, daß Sie nicht für diese Lösung des Problems sind. Was gilt denn nun?
Renate Schmidt: Da ist eine Sprachverwirrung entstanden. Aber wie das Ding heißt, ist mir vergleichsweise egal. Es kommt auf den Inhalt an. Ich möchte nicht, daß eine Energiesteuer ausschließlich als Ersatz für den Kohlepfennig eingeführt wird. Ich verstehe eine solche Steuer – in Höhe des bisherigen Kohlepfennigs – als Einstieg in eine ökologische Steuerreform, in das Grundprinzip also, daß Energie verteuert, Arbeit aber entlastet wird. Das Geld darf nicht ausschließlich dazu dienen, die Kohle zu subventionieren, wenn auch mit abnehmenden Raten. Es muß vor allem geregelt werden, das gleichzeitig regenerative Energien und Energiespartechniken gefördert werden.
Kein Streit also mit Gerhard Schröder?
Nein. Allerdings sind mir die 2,7 Milliarden Mark, die er im Jahr 2005 für regenerative Energien einsetzen will, zu wenig. Und sie kommen mir zu spät.
Wieviel darf es denn sein?
Ich halte es mit Ernst Ulrich von Weizsäcker und möchte nicht heute schon für alle Zeiten festlegen, wie hoch die Abgabe sein soll. Die bayrische SPD möchte die regenerativen Energien möglichst frühzeitig fördern; wir haben im Land etliche Betriebe, die in dieser Sparte tätig sind. Wir müssen aber auch schauen, welche Möglichkeiten energieintensive Industrien zur Umstrukturierung haben und wie das alles in die gesamtwirtschaftliche Lage paßt.
Überhaupt nicht, sagt der Bundesverband der Industrie.
Andere sagen anderes ...
... zum Beispiel der Wirtschaftsminister von Nordrhein-Westfalen. Er sagt, daß zuerst eine Lösung für den Kohlepfennig gefunden werden muß.
Die bayrische SPD will keine Arbeitsplätze kaputtmachen. Wenn wir aber diese Frage isoliert betrachten, dann würden wir die weitergehende ökologische Steuerreform auf den Sankt-Nimmerleinstag verschieben. Wir sollten die Chance zum Einstieg in diese Reform nutzen. Nicht gegen Nordrhein-Westfalen und das Saarland, sondern mit ihnen, indem wir kalkulierbar sagen, wieviel deutsche Steinkohle wir in welchen Zeiträumen brauchen. Wir wollen die Kohletechnologie ja nicht aufgeben, sondern exportieren. Wir wollen nur die Kohleförderung ein bißchen schneller zurückfahren und dabei den Betrieben Zeit geben, sich umzustrukturieren, um Arbeitsplätze zu erhalten.
Die Regierungsparteien streiten aber nur um einen Ersatz für den Kohlepfennig. Wie soll sich die SPD dazu verhalten?
Man muß schauen, was man durchsetzen kann. Ich halte es für falsch, vor den Konsensgesprächen, die morgen fortgesetzt werden, vorab Bedingungen zu stellen.
Der SPD-Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz kann sich eine Mischung aller Vorschläge vorstellen. Das wäre eine Energiesteuer, eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, eine Umschichtung im Haushalt und ein Abbau der Kohlesubventionen. Ein bißchen viel auf einmal.
Eine reine Mehrwertsteuererhöhung reicht nicht, eine Finanzierung aus dem laufenden Haushalt auch nicht. Aber auch ich kann mir eine Mischung vorstellen. Unser Ziel ist klar: Es soll in den Kohleländern, die ja bereits einen großen Teil der Umstrukturierungen glänzend bewältigt haben, zu keinen großen Friktionen kommen. Wir wollen dort Arbeitsplätze erhalten, aber die Subventionen schrittweise auf das auch in Zukunft notwendige Maß abbauen. Natürlich möchten die Kohleländer damit etwas länger warten als Bayern. Darüber muß ein Konsens gefunden werden. Zweitens muß ein Konsens gefunden werden über den kontrollierten Ausstieg aus der Kernenergie und drittens über die Förderung der regenerativen Energien. Interview: Niklaus Hablützel
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