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Gegen Fraktionszwang

Die Bündnisgrünen werben um die freie Abstimmung beim Staatsangehörigkeitsrecht  ■ Aus Bonn Hans Monath

Um endlich Bewegung in die festgefahrene Diskussion über die Einbürgerung von Ausländern zu bringen, bieten die Bündnisgrünen im Bundestag nun einen parteiübergreifenden Kompromiß an. Dabei stellen sie sogar weitergehende eigene Ziele zurück. In einem Brief an alle Bundestagsabgeordneten warben vor wenigen Tagen Fraktionssprecherin Kerstin Müller und der Abgeordnete Cem Özdemir um Unterstützung für eine fraktionsübergreifende Initiative zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts. Darin appellieren sie an die Abgeordneten, sich nicht dem Fraktionszwang zu beugen, sondern ihrem Gewissen zu folgen.

Die Grünen hoffen, daß bei einer freien Abstimmung im Bundestag eine Mehrheit für eine grundlegende Reform des Staatsbürgerrechts stimmen würde. Neben SPD und PDS, die grundsätzlich eine Reform befürworten, müßten allerdings auch Abgeordnete aus dem Lager der Regierungsparteien zustimmen. Einzelne dieser Abgeordneten halten eine Reform zwar für notwendig, aber die Fraktionsbeschlüsse und das Verbot, gegen den Koalitionspartner zu stimmen, hinderten sie bislang an einer Zustimmung.

Dem Brief der Grünen an die Abgeordneten liegt ein Gesetzentwurf der Ausländerbeauftragten der Bundesregierung, Cornelia Schmalz-Jacobsen (FDP) bei, der im vergangenen April vom Bundesrat in den Bundestag eingebracht, aber dort abgelehnt wurde. Der Entwurf sieht einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung nach acht Jahren Aufenthalt in der Bundesrepublik vor. In Deutschland geborene Kinder von ausländischen Eltern, die hier rechtmäßig leben, sollen den deutschen Paß automatisch erhalten.

Die beiden Abgeordneten verweisen in ihrem Brief auf die 6,9 Millionen hier lebenden Ausländer und auf die etwa 100.000 Kinder, die pro Jahr von ihnen geboren werden. „Sie sind Inländer, aber das deutsche Staatsbürgerschaftsrecht macht sie weiterhin zu Ausländern“, schreiben sie. Die Behebung dieses Mißstands sei dringend geboten, für eine Reform gebe es eine „gesellschaftliche Mehrheit“.

Obwohl die Grünen das Reizwort „doppelte Staatsbürgerschaft“ vermeiden, gilt es in Bonn als unwahrscheinlich, daß der neue Vorstoß Erfolg haben wird. Die Frist bis zur Rückmeldung haben die Grünen mit dem heutigen Dienstag denkbar knapp gesetzt. Am Donnerstag aber berät der Bundestag auf Antrag der Sozialdemokraten bereits über die Reform des Staatsbürgerrechts. Als unwahrscheinlich gilt auch, daß die Fraktionschefs von Union und FDP die Abstimmung freigeben, wie die Grünen vorschlagen. Bekanntlich hat die Koalition das Thema Staatsbürgerschaft in ihrer Regierungsvereinbarung ausdrücklich geregelt – mit der Festschreibung der immer noch nicht genau definierten „Kinderstaatszugehörigkeit“.

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