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Weitere Zellteilung in Italiens Parteien

Liga Nord teilt sich in mindestens drei Gruppierungen, das Katholikensammelbecken Volksspartei steht ebenfalls vor der Spaltung / Berlusconi-Herausforderer Prodi auf Werbetour  ■ Aus Mailand Werner Raith

Es knirscht und knarrt in Italiens Parteiengefüge. An den vergangenen beiden Tagen bekämpften sich die internen Fraktionen der Italienischen Volkspartei auf ihrem „kleinen Parteitag“ so heftig, daß die meisten Beobachter nun den großen Knall erwarten. Tatsächlich scheint eine Spaltung zwischen der vom Vatikan gestützten Führung unter Rocco Buttiglione und dem linken Flügel fast schon unvermeidlich. Streitpunkt ist Buttigliones Trend zu einem Bündnis mit der „Forza Italia“ des im Dezember gestürzten Silvio Berlusconi und mit der mehrheitlich neofaschistischen Nationalen Allianz. Die Parteilinke hat dagegen den allseits angesehenen Staatsmanager Romano Prodi in Stellung gebracht, der eine Koalition mit der Demokratischen Partei der Linken und der Liga Nord anzuführen gedenkt.

Trend zur Spaltung seit Berlusconis Wahl

Doch auch die Ligen plagen sich auf ihrem außerordentlichen Parteikongreß an diesem Wochenende in Mailand mehr mit Spaltpilzen denn mit langfristigen Programmplanungen.

Schon nach der Wahl Berlusconis voriges Jahr war der sezessionistischen Bewegung ihr Chefideologe Gianfranco Miglio abhanden gekommen. Als Liga-Chef Umberto Bossi im Dezember mit Berlusconi brach, versagte ihm ein Drittel seiner vormaligen Parteifreunde die Gefolgschaft, und daraus soll nun morgen eine eigene Partei entstehen, die wieder mit Berlusconi zusammengehen will. Und dazu meldeten sich auch noch die ehemaligen Hardliner des Sezessionismus an der Front zurück: Sie wollen autonom mit dem Ruf „Freie Lombardei“ oder auch „Freier Norden“ in den Kampf gegen die Abhängigkeit von Rom ziehen.

Unverdrossen versucht inzwischen der zum Anti-Berlusconi gekürte Romano Prodi sein Programm und seine Schattenregierungsmannschaft zusammenzubasteln. Gleichzeitig organisiert er auch schon mal ein bißchen Wahlkampf. Schließlich müssen die Bürger zur Neubestimmung der Regionalparlamente im April zu den Urnen. Und vielleicht schließt sich daran auch schon die Kampagne für das Parlament in Rom an.

In bewußtem Kontrast zu Berlusconi sucht Prodi alles zu vermeiden, was nach einem Medienwahlkampf aussieht: Er fährt mit dem Zug oder radelt durch die Gegend, möchte in ausgewählten hundert Städten Italiens Bürgern die Hand schütteln und verzichtet ganz und gar auf die elektronischen Botschaften, die Berlusconi zu seinem Stilmittel gemacht hat.

Ein Kandidat zum Anfassen, an dem die zunächst in Stellung gebrachten Vorwürfe, er sei ein „Mann der ersten Republik“, will heißen der alten Partitokratie, schnell abprallen. Als einer der wenigen Leiter großer Staatsholdings ist er nicht in Bestechungsskandale verwickelt. Die vor vier Jahren unter seiner Leitung begonnene Privatisierung der öffentliche Betriebe ist just so lange gut vorangekommen, wie er sie durchführte. Ins Stocken kam sie, als sich Berlusconi und seine Mannschaft darüber hermachte. Hinter Prodi stehen zudem Jesuiten, Dominikaner und der progressive Teil der Kurie.

Romano Prodi als Kandidat zum Anfassen

Die Wirkung seines ruhigen, freundlichen schlagfertigen Auftretens hat denn auch nicht auf sich warten lassen. Buttiglione sah sich zunächst zum Rückzug auf ausnahmslos formale Verteidigungslinien gezwungen. Die Nominierung sei „ohne alle Rücksprache mit der Parteileitung erfolgt und könne deshalb nicht anerkannt werden“. Doch weil er die Unangreifbarkeit des Mitte-Links-Kandidaten erkannt hat, hält er an seiner Koalitionsvorstellung nur noch partiell fest: Die Nationale Allianz müsse, „derzeit zumindest“, außen vor bleiben, wenn er mit Berlusconi ein „Bündnis der gemäßigten Kräfte“ schließen solle. Genau das aber kann sich Berlusconi nicht leisten. So lange die äußerste Rechte in Meinungsumfragen bei mehr als 15 Prozent stehe, sei ihre Ausklammerung für jedes Mitte-Rechts- Bündnis tödlich.

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