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Bremer Ticket-Center wieder in der Krise

■ Theater: Konkurrenz-Angebot ist besser / Sparkasse will TSC-Anteile an Bremen verkaufen

„Ja, die Kündigung habe ich vor zwei Tagen bekommen“, räumt Peter Brandt, Geschäftsführer des Bremer „Ticket-Service-Center“ (TSC) ein: Das Bremer Theater steigt aus bei diesem Kartenverkaufs-Unternehmen.

1988 war das „TSC“ stark auch auf Betreiben des damaligen Theater-Verwaltungsdirektors Dünnwald ins Leben gerufen worden, die Stadtgemeinde hatte 190.000 Mark zugeschossen, und die Sparkasse hatte die gute Idee geschäftlich mit erheblichen Summen verantwortet, damit eine bremenweiter Karten-Verkaufsservive mit gestreuten Vorverkaufsstellen zustande kommt. Und nun will ausgerechnet das Theater nicht mehr.

Zu Beginn der Spielzeit hat es Probleme gegeben mit dem neuen System von TSC (vgl. taz 9.12.), aber die sind, davon ist das TSC überzeugt, weitgehend behoben. „In der letzten Zeit hat sich das TSC bemüht, den Slalom-Lauf erträglich zu machen“, bestätigt auch Theater-Verwaltungsdirektor Rempe. Seine Sorge aber gilt der Abo-Verwaltung der kommenden Saison - und da glaubt er nach den gebrochenen Zusagen der Vergangenheit und nach dem, was er gesehen hat beim Anwender-Treffen in Frankfurt, nichts mehr. Das Konkurrenz-Angebot der Firma Messerknecht, für das sich das Theater nun entschieden hat, ist dagegen seit 13 Jahren bei großen Theatern Deutschlands eingeführt, sagt Rempe. Und es hat einen zweiten Vorteil: Es ist anfangs 140.000 Mark pro Jahr preiswerter, ab dem sechsten Jahr (nach dem Ende der Abschreibung) sogar 290.000 Mark.

Als sich der Aufsichtsrat des Theaters gegen das Interesse des Theaters selbst im Frühjahr 1994 zunächst für TSC und das „Start“-System entschieden hatte, da war, so Rempe, vom Wirtschaftsressort „in Aussicht gestellt“ worden, daß eine Überbrückung zustandekommen sollte, wenn das Theater Mehrkosten nachweisen können sollte – „das war aber nicht konkretisiert“. Anfang Februar 1995 nun machte der Aufsichtsrat unter dem Druck der Fakten eine Kehrtwende – und entschied sich für das vom Theater selbst favorisierte Modell.

Für das TSC, das von Anfang an mit hohen Einnahmen aus dem Theaterkarten-Verkauf seine Rentabilität nachgewiesen hatte, ist dies ein schwerer Schlag. Wie hoch die verbliebenen Verluste aus den Anlauf-Jahren trotz des 190.000-Mark-Zuschusses aus dem Staatssäckel sind, wollte Geschäftsführer Brandt verständlicherweise nicht offenlegen. Die Stadt übernimmt diese Schulden nicht, versichert HVG-Geschäftsführer Göbel, wenn sie – wie vom HVG-Aufsichtsrat im Dezember 94 beschlossen, nun 49 Prozent der TSC-Anteile der Sparkasse abkauft. Offenkundig hat die Sparkasse aber das Interesse, das Risiko des TSC-Engagements wieder stärker der Stadt zurückzugeben. HVG-Geschäftsführer Göbel will denn auch mit dem Theater noch einmal reden.

Pikanterie am Rande: Friedrich van Nispen „warnt“ das Wirtschaftsresssort, dem TSC einen Zuschuß in Aussicht zu stellen. Manfred Fluß und der Verwaltungsdirektor des Theaters Dünnwald hätten „unseriös“ gehandelt. Wenn sie Verpflichtungen für das Land eingegangen sind, dann „wird das ein parlamentarisches Nachspiel haben“, warnt van Nispen. Zitat aus der Gründungsphase des TSC 1988. Manfred Fluß, heute Finanzsenator, war damals Aufsichtsratsvorsitzender des Theaters. K.W.

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