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■ Mit der Bahn-Regionalisierung auf du und duZentrale oder Basis?

Berlin (taz) – Der Countdown läuft. Ab dem 1. Januar 1996 haben die Länder die Verantwortung für den Schienennahverkehr. Die Abgeordneten in Nordrhein-Westfalen haben diese Woche als erste ein Nahverkehrsgesetz abgesegnet. Ähnlich wie in Hessen und wahrscheinlich auch in Sachsen- Anhalt sollen hier Städte und Kreise das Geld aus der Bundeskasse bekommen und dafür den ÖPNV organisieren. Weil es in NRW ein fast flächendeckendes Netz von Verkehrsverbunden gibt – die Löcher bei Münster und Aachen werden gerade gestopft –, scheint der Übergang zur Basisorganisation einfach.

In Bayern, Mecklenburg- Vorpommern und zunächst auch in Baden-Württemberg wollen die Regierungen hingegen selbst die Zügel in der Hand behalten. Mit dem Argument, der regionale Schienenverkehr überschreite oft Kreisgrenzen und ohne zentrale Organisation könnte es Netzlöcher geben, hat Bayerns Verkehrsminister Otto Wiesheu die Gründung einer privatrechtlichen Gesellschaft angekündigt. Sie soll einen Taktfahrplan für das gesamte Land ausarbeiten. „Der Busverkehr wird regional und der Bahnverkehr auf Landesebene organisiert. Warum sollten die Kommunen nicht auch weiterhin parallel zur Bahn fahren, wenn es sich für sie lohnt?“ beschreibt Peter Wyderka, Verkehrssprecher vom Bündnis 90/ Die Grünen, das Problem. Auch Axel Welge vom Deutschen Städtetag fordert: „Bus und Bahn in eine Hand.“

Aber nicht überall wollen die Kreise tatsächlich den Schienenverkehr übernehmen. In Niedersachsen wehren sie sich dagegen, daß sie ab dem Jahr 2000 verantwortlich sein sollen. Zum einen führen sie ihre mangelnde Erfahrung ins Feld. Zum anderen fürchten sie, daß die Investitionen des Landes in Infrastruktur für die Weltausstellung Expo 2000 so viel Geld bindet, daß für den sonstigen Regionalverkehr nichts übrigbleibt.

Ab 1997 zahlt der Bund knapp 12 Milliarden Mark an die Länder für den ÖPNV. Da der gegenwärtige Regionalverkehr nach Angaben der Bahn aber nur 8 Milliarden kostet, bleibt fast ein Drittel übrig. Die Städte fordern, daß sie möglichst viel davon bekommen, um den Bus- und Straßenbahnverkehr zu verbessern. Manche Beobachter aber vermuten, daß hier und da auf diese Weise leere Stadtsäckel gefüllt werden sollen. Annette Jensen

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