: Ein Antrag für einen Antrag
■ Industrieländer sorgten bei der New Yorker Vorbereitungskonferenz für den Berliner Klimagipfel dafür, daß sie weiter unbegrenzt die Luft verdrecken können
New York (dpa/taz) – Bei der UNO-Klimakonferenz in Berlin in fünf Wochen wird allenfalls beschlossen, daß man künftig etwas beschließen will. Eine völkerrechtliche Vereinbarung hingegen hält am Ende der letzten Vorbereitungskonferenz in New York kaum noch jemand für realistisch. Nach Informationen aus UN-Kreisen stand gestern fest, daß in Berlin vom 28. März bis zum 7. April höchstens ein Verhandlungsmandat ausgearbeitet wird. Damit wäre die Voraussetzung dafür geschaffen, daß 1997 ein Protokoll mit präziseren Verpflichtungen verabschiedet werden kann. Die Delegationen aus mehr als 160 Staaten gingen gestern nacht mit differierenden Positionen auseinander.
Internationale Umweltschutzverbände kritisierten vor allem die Industriestaaten: Diese hätten den großen Erdölproduzenten wie Saudi-Arabien und Kuwait kaum widersprochen, die sich den Vorschriften über eine Einschränkung des Benzinverbrauchs mit seinen gefährlichen Klimafolgen am hartnäckigsten widersetzten. „25 OECD-Staaten werden nun den Mythos von den Kuwaitis kreieren, gegen die man sich nicht habe durchsetzen können“, kommentierte das Berliner Klimaforum '95. Dabei habe sich der deutsche Delegationsleiter bei der entscheidenden Diskussion zum Essen zurückgezogen, und auch die anderen VertreterInnen Deutschlands hätten bei der Debatte über Empfehlungen für den Berliner Gipfel kein Wort herausgebracht.
Die USA vertraten die Auffassung, daß die Industrie sich freiwillig oder höchstens durch staatliche Anreize auf den richtigen Weg begeben werde. Der Lobby der US- Kohle- und -Ölindustrie gelang es denn auch, einen entscheidenden Satz aus dem Vorbereitungstext für Berlin zu streichen: Die Formulierung, die bisherigen Verpflichtungen der Konvention seien „nicht ausreichend“, um einen gefährlichen Klimawandel abzuwenden, taucht nicht mehr auf.
Für den Vorstoß der 36 kleinen Inselstaaten (AOSIS) mit einer angestrebten CO2-Reduzierung um 20 Prozent zeichnet sich nach Überzeugung der meisten Teilnehmer keine Mehrheit ab. In der Sackgasse endete auch die Auseinandersetzung zwischen armen und reichen Staaten darüber, ob nur die industrialisierten Länder als Hauptverursacher oder auch die Dritte Welt Verpflichtungen zur Abwendung einer Klimakatastrophe übernehmen sollten.
In der Schlußphase der Tagung rückten lange Diskussionen über Verfahrensfragen für Berlin in den Mittelpunkt, so etwa die Frage der Mehrheiten, die für einzelne Beschlüsse notwendig sein sollen. Die „reichen“ Länder wollen nicht zulassen, daß über Gelddinge mit Mehrheiten entschieden wird, die sie dann zu Zahlmeistern machen würden. Auch die Auseinandersetzung darüber, wo das „Sekretariat“ der Klimakonferenz angesiedelt werden soll, beschäftigte die Delegierten. Deutschland und die Schweiz überboten sich offenbar in ihren finanziellen Lockangeboten, um die 50 qualifizierten Arbeitsplätze in ihr Land zu bringen. aje
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