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Gute Chancen für ehemalige Mauergrundstücke

■ Justizsenatorin glaubt an Rückgabe / Staat dürfe sich nicht nachträglich bereichern

Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) ist „optimistisch“, daß der Bundestag noch in dieser Legislaturperiode einer Rückgabe der Mauergrundstücke zustimmt. Sie sehe „sehr gute Chancen, daß sich das Parlament in die Richtung der Bundesratsinitiative vom vergangenen November bewegt“, erklärte sie in einem Interview. Die Länderkammer hatte sich damals auf Antrag Berlins für die Rückübertragung ausgesprochen.

„Die betroffenen Grundstücke haben einen besonderen Symbolwert“, betonte die Senatorin. Jahrzehntelang sei von der Mauer als einem „schändlichen Bauwerk“ gesprochen worden. „Nun darf sich der Staat aber an den Grundstücken nicht noch bereichern.“ Alle Immobilien seien im Besitz des Bundes.

Als „Durchbruch“ wertete Peschel-Gutzeit das Votum von zwei Arbeitsgruppen der SPD-Fraktion im Bundestag in der vergangenen Woche. Die Mehrheit der Arbeitsgruppe Rechtspolitik und die Querschnittsgruppe „Deutsche Einheit“ habe sich für die Rückgabe der Mauergrundstücke ausgesprochen. Es sei daher möglich, daß sich die SPD-Fraktion schon bald im Bundestag für die erste Lesung des Gesetzentwurfs des Bundesrats einsetzen werde.

Die Haltung der Bundesregierung sei inzwischen „differenziert“. „Sie ist vorsichtiger geworden“, meinte die Senatorin. Auch innerhalb der christdemokratischen Partei gebe es viele, die sich für die Rückgabe der Immobilien einsetzten. Insgesamt wären von dem Gesetz mehrere tausend Grundstücke betroffen.

Allein auf dem Mauerstreifen zwischen Ost- und Westberlin liegen 1.500 Immobilien mit einer Fläche von rund 320 Hektar. Hinzu kommen noch die enteigneten Grundstücke zwischen Westberlin und dem Umland. Dazugezählt werden müssen außerdem noch Immobilien, die für die Errichtung der Sperranlagen zwischen Ost- und Westdeutschland den Besitzern nach dem Mauerbau im August 1961 von der DDR entzogen wurden.

Die Rechtsprechung hat zuletzt klargestellt, daß nach den gegenwärtigen Gesetzen eine Rückgabe nicht in Betracht kommt. Erst kürzlich hatte das Bundesverwaltungsgericht eine Revision von Alteigentümern erst gar nicht zugelassen.

Scharf kritisierte Peschel-Gutzeit das Land Sachsen. Es sei das einzige ostdeutsche Bundesland, das sich gegenwärtig noch gegen eine Rückgabe der Grundstücke sperre. Dabei verfolgt nach Ansicht der SPD-Senatorin das Land „eigensüchtige Motive“, wenn es befürchte, daß bei Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes das Tor für die Rückübertragung anderer zu DDR-Zeiten enteigneter Grundstücke geöffnet werde. dpa

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