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Nachschlag

■ Liz-Theater spielt Kändler im Fürst Oblomow

„Noblesch noblisch ist wowo und das hinwiederum ist eine Frage, deren Antwort dada heißt.“ Friedhelm Kändler hat dieses Wortgestrüpp erfunden. Als „Wowoismus“ bezeichnet er seine Art zu schreiben, und bei seiner ständig wachsenden Fangemeinde genießt der witzige Wortverdreher längst Kultstatus. Trotz des augenzwinkernd zum Programm geadelten Etiketts sind Kändlers szenische Miniaturen alles andere als experimentell. Mit spitzer Feder durchforstet er die Sprache nach Doppeldeutigkeiten und badet sich in deren komischem Potential.

Unter obigem Zungenbrechertitel gibt es derzeit neun Szenen des Autors zu besichtigen. Das Liz-Theater macht Kändler mit Nase. Der angepappte Clownszinken in verschiedenen Variationen ist das konstituierende Element des Abends. Eine dazugehörige hampelige Körperlichkeit kommt allerdings nur begrenzt zum Einsatz. Zwar arbeiten die Schauspieler bisweilen mit großen Gesten, aber sie verheddern sich weder in der Tücke der Objekte, noch stolpern sie slapstickhaft durchs Leben. Ihr Kampf gilt den Worten, dem Verstehen und Verstandenwerden. „Ich sprach von Ihnen nicht von ihnen“, sagt ein Zufallspassant zu einem Biedermann, in dem er den ekstatischen Nackttänzer einer durchzechten Nacht wiedererkennt. „Also von Ihnen“, lautet die verwirrte Antwort des ertappten Spießers, der an jenem alkoholisierten Abend einen Filmriß hatte. Kändlers Figuren sind kleine graue Alltagsmäuse, deren absurd-obsessive Abgründe nur von einer dünnen Haut der Wohlanständigkeit überzogen sind. Ihre boshaft-komischen Begegnungen läßt das Liz-Theater unverbunden nebeneinander stehen. Mit dem vertrockneten Charme einer Studienrätin kündigt eine Frau im grünen Kostüm die jeweils nächste Szene an. Anke Fonforek verknotet ihre Extremitäten und schnappt verklemmt plaudrig nach Luft bei ihren hemmungslos komischen Wortschleifen. Da wird eine vertrackte Kleinbürgerseele zum Leben erweckt. Ansonsten schaffen es die Schauspieler trotz Nase nicht immer, ihre wechselnden Rollen auszufüllen. Die Konzentration auf die Pointen der Texte geht zu Lasten der Figuren. So kommt Kändler bisweilen braver daher, als er ist: zu allzu netten Komikhäppchen portioniert, die eine Prise schwarzen Pfeffer gut vertragen hätten. Gerd Hartmann

Weitere Vorstellungen bis 23.2., 20 Uhr, Theater Fürst Oblomov, Neue Promenade 6, Mitte

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