: Drohanrufe sehr beliebt
■ Nach Protest gab es Morddrohung
Bei Ursula Dyckhoff, Mitarbeiterin der Mieterberatung ASM, stand das Telefon am Wochenende kaum still. Verunsicherte Hausverwaltungen, Mieter und Banken riefen bei ihr an, um sich über Scientology-nahe Firmen zu informieren, die bei Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen mitmischen. Am vergangenen Freitag (taz berichtete) hatte der Neuköllner Baustadtrat und ein Betroffenenbündnis über Machenschaften von Scientology-nahen Umwandlungsfirmen in den Neuköllner Altbauquartieren rund um die Schillerpromenade und östlich des Kottbusser Damms informiert.
Dyckhoff vermutet, daß bei den vielen Anrufen auch Scientologen dabei waren. Es sei auch vorstellbar, daß bei der Pressekonferenz „Maulwürfe“ dabei waren. Auch bei dem Drohanruf, den eine betroffene Mieterin nach der Pressekonferenz erhielt, könne man nicht ausschließen, daß jemand von Scientology dahinterstecke. Ein Mann mit ausländischem Akzent, so die Mieterin gestern zur taz, hatte folgende Nachricht auf ihren Anrufbeantworter gesprochen: „Wie geht's dir, Süße? Ich kriege dich, du Hure. Ich werde dich töten.“ Die Mieterin, die Strafanzeige gestellt hat, sagte, daß die Kripo von einem Verrückten ausgehe. Sie fühlte sich von der Polizei „nicht für voll genommen“. Dyckhoff befürchtet, daß die Verunsicherung der Mieter durch derartige Anrufe zunehmen könnte. Sie rät allen Betroffenen, sich zu melden und von ihren Rechten Gebrauch zu machen.
Anonyme Drohanrufe seien bei Scientology „sehr beliebt“, sagte gestern der Sektenbeauftragte Thomas Gandow zur taz. Für „antigegnerische Aktivitäten“ würde die Sekte auf das „Office for Special Affairs“ (OSA) zurückgreifen. OSA sei bei Scientology zuständig für „positive PR und Kritikerbekämpfung“. Das OSA müsse man sich von der Struktur her ähnlich wie die Staatssicherheit vorstellen. „Da wo Scientology ist, ist auch das OSA“, so Gandow weiter.
Die Umwandlungspraktiken in Neukölln gibt es auch in Kreuzberg, wo nach Angaben des Berliner Mietervereins die Scientology- nahe Firma „GGB“ bereits sieben Häuser erworben habe. Ein Mieter aus der Kreuzberger Waldemarstraße beschrieb der taz, daß bei ihm, wie auch in Neukölln, „sehr gut geschulte Mitarbeiter mit sehr guten Vorinformationen über die Mieter“ versuchten, die Wohnungen an die Mieter zu verkaufen, um damit den Häuserkauf zu finanzieren. Eigentümer des Hauses sei die „Besttor GmbH“. Dieselbe Firma ist nach Angaben der bedrohten Neuköllner Mieterin auch Besitzer ihres Hauses. wahn
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