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Spekulation auf Spekulationen

■ Swamps, Futures, Optionen auf Optionen: Wie man mit „Derivaten“ Geld verdient, aber auch kräftig hereinfallen kann

„Nichts ist unmöglich“, brüllen zwei Affen in dem TV-Spot einer Automarke. Solch Optimismus verband schon vor der Pleite von Baring Brothers die deutsche Metallgesellschaft (MG) mit dem kapitalstarken Zeitgeist. MG hatte sich nach Kräften in Öl-Termingeschäften verspekuliert und dabei 1,4 Milliarden Dollar Verlust eingefahren.

Solche Termingeschäfte gehören zu der großen Zahl neuer komplexer Finanzinstrumente – den „Derivaten“ (Derivat: „abgeleitet“). Der globale Markt für Derivate umfaßt gegenwärtig 7.000 Produkte, darunter manch Altbewährtes: „Derivatives Geschäft gibt es seit dem sechzehnten Jahrhundert. Es ist kein holländischer Walfänger ausgelaufen, der nicht vorher seine Ausbeute verkauft hat“, betont Dresdner-Bank-Vorstand Carstensen.

Entsprechend kann heute der moderne Anleger diverse Anrechte auf Aktien kaufen oder auf den Dollar-Kurs in zwei Tagen oder drei Monaten setzen (Optionen). Manche Optionen geben dem Käufer das Recht, verpflichten ihn aber nicht zum Kauf, andere verpflichten beide Seiten (Futures). Bestseller sind auch Optionen auf Optionen. Nichts ist unmöglich.

In zwei Jahren verdoppelte die hiesige Geldindustrie ihr derivatives Geschäft. Viele Kritiker wittern daher Gefahr im Verzug. Anders bewertet Deutsche-Bank- Chef Hilmar Kopper die Derivate: „Ihr ursprünglicher Zweck ist die Absicherung von Risiken.“ Und doch entstand eine neue Risiko- Qualität: Zunächst werden die Terminkontrakte für relativ wenig Geld erworben. Entwickelt sich dann aber der Kurs, oder wie bei der MG der Ölpreis, in die entgegengesetzte Richtung, so können nahezu unbegrenzt hohe Verluste entstehen.

Dabei geht es meistens nicht um den tatsächlichen Erwerb von Aktien oder Devisen. In der Regel besteht bei Käufern und Verkäufern kein Interesse an einer Erfüllung der Geschäfte: Bei über 95 Prozent der Kontrakte findet keine Lieferung oder Abnahme der Werte statt. Derivate bilden mittlerweile eine ganz eigene Dimension der Sepkulation – die Spekulation auf die Spekulation. Obendrein tauchen Optionen, Futures und ihre Verwandten nicht in den Bilanzen auf. Die Deutsche Bank unterhält ein derivatives Geschäft von weit über 1,3 Billionen Mark, das 2,4fache ihrer Bilanzsumme. In den USA reicht die Quote bis zum dreißigfachen. Ende 1992 erreichte das Volumen der weltweit ausstehenden Derivatkontrakte die astronomische Summe von 17,6 Billionen Dollar. Letztes Jahr wurden über eine Milliarde Kontrakte abgeschlossen. Aber derlei Zahlen sagen über die damit verbundenen Risiken genauso wenig aus, „wie der Hubraum eines Autos über seine passive Sicherheit“, tröstet Kopper. Obendrein helfen Derivate manche Steuermark zu sparen, da sie „ein hervorragendes Vehikel zur Steuerung der Bilanzstruktur sind“, befand das Handelsblatt.

Nichts ist unmöglich, meint auch die Bundesbank. Seit Oktober 1991 müssen über achthundert deutsche Banken und Sparkassen ihre Derivate mit Eigenkapital unterlegen. Mittlerweile fragt sich aber auch die Zentralbank, ob mit den bisherigen Vorschriften die Risiken „hinreichend abgedeckt sind“. Hermannus Pfeiffer

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