: Vier Jahre Knast für Elbterrassen-Überfall
■ Ein 23jähriger Skinhead wurde vom Vorwurf des versuchten Totschlags freigesprochen / Der Tod des Torsten Lamprecht bleibt damit ungesühnt
Magdeburg (taz) – Fast alle Skinheads, die am Überfall auf eine friedliche Punker-Party im Mai 1992 im Magdeburger Lokal Elbterrassen beteiligt waren, sind längst wieder auf freiem Fuß. Einer der Haupttäter, der 23jährige Frank F. aus Wolfsburg, muß seine Strafe dagegen jetzt erst antreten. Vor dem Magdeburger Landgericht wurde er in einer Neuauflage seines Prozesses gestern zu vier Jahren Haft verurteilt. Damit entsprach das Gericht zwar dem Antrag der Staatsanwaltschaft, vom erneut erhobenen Vorwurf des versuchten Totschlags wurde Frank F. aber freigesprochen. Das Gericht verurteilte ihn lediglich wegen gefährlicher Körperverletzung, Landfriedensbruch in einem besonders schweren Fall und Beteiligung an einer Schlägerei.
Rund 60 Skinheads hatten vor knapp drei Jahren die Punker- Party überfallen. Der 23jährige Torsten Lamprecht war dabei erschlagen worden, fünf weitere Punks hatten zum Teil lebensgefährliche Verletzungen erlitten. Schon im ersten Prozeß gegen Frank F. hatten mehrere Mittäter als Zeugen ausgesagt, daß der 23jährige Wolfsburger einem der Punks aus vollem Lauf einen Baseballschläger über den Schädel geschlagen hatte. Allerdings sei dieser Punk nicht Torsten Lamprecht gewesen. Wen Frank F. da niedergeschlagen hat, wurde nie eindeutig geklärt, dennoch wurde er im ersten Prozeß wegen versuchten Totschlags zu sechs Jahren Knast verurteilt. Der Bundesgerichtshof hatte das Urteil aufgehoben, weil im Prozeß nicht zweifelsfrei nachgewiesen worden sei, ob Frank F. den Tod des Punkers billigend in Kauf genommen hatte oder ihn „nur“ verletzten wollte. Das konnte auch die Beweisaufnahme im zweiten Verfahren nicht klären.
Dabei hatte Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck, der auch die Mutter des getöteten Lamprecht als Nebenklägerin vertrat, gehofft, Frank F. sogar die Schläge gegen den 23jährigen Punker nachweisen zu können. Zwar bestritten alle als Zeugen gehörten Skinheads, daß das Opfer von Frank F. der Getötete war. Übereinstimmend sprachen sie aber von einem weithin hörbaren deutlichen Knacken, wie es nach Kalecks Überzeugung nur bei Schädelverletzungen auftreten kann, wie sie Torsten Lamprecht erlitt. Das Gericht schloß sich dieser Auffassung nicht an, der Tod des 23jährigen wird damit vermutlich endgültig ungesühnt bleiben. Eberhard Löblich
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen