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Kultur im Wahlkrampf

■ SPD und Grüne streiten sich über die Bremer Musikschule / Sparzwang war Deputationsbeschluß

Der Parteienstreit und die zerbrochene Ampel sorgen auch in der Bremer Kulturlandschaft für unharmonische Töne. Seit Jahren streicht und spart das Kulturressort drastisch. Zweineinhalb Monate vor der Wahl zerren die politischen Kontrahenten die versehrten und angeschlagenen Opfer des Sparzwangs heraus.

Jüngstes Beispiel ist die Bremer Musikschule. „Wir gehen hier auf dem Zahnfleisch“, sagt Ingrid Goecke, stellvertretende Leiterin der Musikschule. Das Kollegium sei völlig überaltert, die MusiklehrerInnen überfordert und dem Umgang mit kleineren Kindern nicht mehr gewachsen. Junge KollegInnen müßten ran, aber „die dürfen nicht eingestellt werden“.

Seit Anfang 1993 sind der mit 2,9 Millionen Mark öffentlich geförderten Schule zwölf Stellen gestrichen worden. Über 100 MitarbeiterInnen teilen sich die verbliebenen 46 Stellen. Mit dem Gehalt für rund zehn Wochenstunden Unterricht können die meisten LehrerInnen aber nicht leben. „Also müssen sie im Bremer Umland zuarbeiten“, sagt Ingrid Goecke. Die jüngeren MusikpädagogInnen wandern daher oft ab: Aus dem außerbremischen Nebenjob wird ein Beruf. Die zurückbleibenden MusikerInnen müssen noch mehr Kurse übernehmen, sind noch überlasteter, werden noch öfter krank. „Es ist einfach kein harmonisches Miteinander mehr von alt und jung“, meint Ingrid Goecke.

Im Sommer 1993 hatte Kultursenatorin Helga Trüpel nach einem Beschluß der Kulturdeputation und der Stadtbürgerschaft den Rotstift an der Musikschule angesetzt. Der teure Einzelunterricht sollte langfristig abgebaut werden, dafür die musikalische Früherziehung und die Grundausbildung in Gruppen weiter gefördert werden. Diese beiden Bereiche finanzieren sich über die Elternbeiträge zu rund 80 Prozent. Der Einzelunterricht wird weiter mit Steuergroschen gefördert. Lediglich 1.320 Mark im Jahr müssen Eltern für die Klavier- oder Geigenausbildung ihrer Kinder zahlen.

Die Kulturdeputierten der SPD befürchten nun, daß „sozial schwache Bevölkerungsteile ihr Grundbedürfnis nach musikalischer Ausbildung“ nicht mehr stillen können. Sie wollen den „weiteren Abbau von qualifizierten Lehrkräften nicht länger hinnehmen“, aber bringen selbst keine Vorschläge. Dieselben Deputierten stimmten vor zwei Jahren den Kürzungen zu. Doch die SPD hält an ihrer Errungenschaften aus dem Jahr 1979 fest. In den Hochzeiten der sozialdemokratischen Bildungspolitik, hatte die Stadt Bremen die Musikschule aus einem Verein heraus verstaatlicht. ufo

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