: „Wir sind doch die Zukunft von später mal“
■ Herrlich hartnäckige Kids: Das 1. Bremer Kinder- und Jugendparlament „Leben im Viertel“ tagte im Lagerhaus
Kutlu Kaplan vom Kinderhaus Schildstraße führte Regie: „Wir sind heute hier, weil unser Besuch vor genau einem Jahr in der Bürgerschaft nichts gebracht hat. Wir werden aber nicht lockerlassen!“ Und hundert Kinder und Jugendliche klatschten und nickten. Sie waren aus Kinderhorten, Jugendfreizis, Mädchenhäusern, vom Fan-Projekt und der Evangelischen Friedensgemeinde oder gänzlich unorganisiert gekommen. Aus ihrem Viertel, um mit Behörden und den Jugend-PolitikerInnen über ihr Viertel zu diskutieren – und um wieder einmal und auf ein Neues das zu fordern, was immer wieder ungehört verpufft. (Einige Jugendliche haben ihre Forderungen noch einmal extra für uns aufgeschrieben – wir dokumentieren sie auf dieser Seite.)
Warum ist das Stadionbad zugemacht worden? Warum gibt es so wenig Radwege und Bolz- und Streetballplätze im Viertel? Oft gibt es an den wenigen Stellen, wo gespielt werden kann, Streit mit den AnwohnerInnen. „Dürfen wir mit denen reden?“ fragte ein Junge. „Herr Keune?“ – Enno Keune vom Stadtplanungsamt antwortete, generell dürfe man auf der Straße gehen, flöten und spielen, so viel man wolle. Nur sei es inzwischen im Viertel durch die vielen Autos ganz schön eng geworden. „Sucht euch Stellen aus, redet mit Bücking
Der Ortsamtsleiter hatte dann wiederum eine kleine Lehrstunde in Sachen Stadtteilpolitik parat: „Ihr müßt durchhalten und am Ball bleiben.“ So ging es hin und her: Die Kids klagten an, hakten nach, widersprachen und blieben hartnäckig. Die VertreterInnen aus Behörden und Politik erklärten, wanden und rechtfertigten sich, versprachen Verständnis und Einsatz und verloren sich ganz gern auch mal in Wahlkampf-Leerphrasen. Nur Bernd Krause vom Amt für soziale Dienste war zu einem klaren Wort bereit: „Ich kämpfe für eine hauptamtliche Stelle im Spielhaus Stader Caddesi.“
Unter den langen Forderungskatalog setzten dann Maria Spieker (Grüne), Klaus Rautmann (Stadtgrün) und Robert Bücking ihre Unterschrift mit der Zusage und der Verpflichtung, sich darum zu kümmern, daß weder Eislaufhalle noch Eisstadion abgerissen werden, bevor es einen Ersatzbau gibt. Daß der Ortsamtsleiter mit den Kids eine Radtour durchs Viertel macht, um Sportplätze aufzuspüren. Daß die Kids zum Fahrgastforum der BSAG eingeladen werden. Daß man sich einmal ernsthaft überlegt, ob es im Viertel nicht mehr Spielstraßen geben könnte. In sechs Monaten müssen sie dem Parlament einen Rechenschaftsbericht vorlegen . Silvia Plahl
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