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Einen Schritt vor und 'nen halben zurück

■ IG Metall verzichtet auf dritte Streikwelle / Arbeitgeber: "Forderungen sind unerfüllbar" / IG-Metall-Chef: "Schwieriger Weg bis zur Einigung" / Arbeitgeber versprechen konkrete Prozentzahl

Berlin (AP/taz) – Die IG Metall hat die geplante dritte Streikwelle in Bayern vorerst ausgesetzt. Am Montag soll zwischen den Tarifparteien verhandelt werden. Beide Seiten zeigten sich aber skeptisch, daß es zu einer schnellen Einigung kommt. Der Hauptgeschäftsführer von Gesamtmetall, Dieter Kirchner, bezeichnete gestern die Forderungen der Gewerkschaft erneut als unerfüllbar. IG-Metall- Chef Klaus Zwickel betonte, der neue Verhandlungstermin am Montag in München bedeute noch lange keine Entwarnung.

Die federführenden bayerischen Verhandlungsparteien unterstrichen dagegen ihre Hoffnung auf eine Lösung bereits in der kommenden Woche. IG-Metall-Bezirksleiter Werner Neugebauer kündigte zudem an, den Streik in drei Ingolstädter Betrieben zu Beginn der Verhandlungen am Montag befristet auszusetzen. Die dritte Streikwelle, mit der sieben weitere Unternehmen in den Arbeitskampf einbezogen werden sollten, wurde zunächst bis Mitte nächster Woche ausgesetzt. Wie berichtet, drohen die Arbeitgeber zu diesem Termin auch mit Aussperrungen, wenn es zu keiner Einigung kommt.

Die zentrale Streikleitung mache mit den Zugeständnissen ihre ernste Absicht deutlich, bei den Gesprächen zu einer Lösung im Tarifkonflikt zu kommen, erläuterte Neugebauer. Er hielt es für denkbar, daß der Konflikt dabei schnell gelöst werden könne, warnte aber zugleich vor überzogenen Erwartungen.

Am Freitag wurde der Streik in Bayern mit dem Ausstand von rund 21.000 Metallern in 33 Betrieben fortgesetzt. Der Verhandlungsführer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie (VBM), Rainer Hildmann, kritisierte, die Gewerkschaft hätte den Arbeitskampf vollständig aussetzen und damit weiteren Schaden von den Firmen abwenden sollen. Sein Sprecher Peter Thelen wertete den Verzicht auf eine Streikausweitung aber als Zeichen dafür, daß die Gegenseite keine weitere Eskalation anstrebe. Er kündigte an, die Arbeitgeber würden am Verhandlungstisch „zu einer Zahl kommen“. Kirchner kritisierte im Deutschlandfunk, die Gewerkschaft drücke sich vor der Verantwortung für den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Es sei nicht möglich, die 35-Stunden- Woche bei vollem Lohnausgleich und zusätzlich kräftigen Lohnerhöhungen einzuführen. Vermutungen, der Arbeitgeberverband gehe nicht geschlossen in die Gespräche, wies Kirchner zurück. Im Westdeutschen Rundfunk beharrte er darauf, daß die Lösung neben einer kräftigen Lohnerhöhung auch genauso eine ebenso nachvollziehbare Kostenentlastung für die Betriebe beinhalten müsse.

Auch IG-Metall-Chef Zwickel zeigte sich skeptisch und bezeichnete den Aussperrungsbeschluß der Arbeitgeber vom Donnerstag in einem ZDF-Interview als Konfliktverschärfung. Die Gewerkschaft habe ihre Sechs-Prozent- Forderung nie als Ultimatum verstanden, die Beschäftigten brauchten jedoch deutlich klare Lohnerhöhungen. Die IG Metall bereite sich parallel zu den Gesprächen darauf vor, sich gegen mögliche Aussperrungen der Arbeitgeber zu wehren. Die Gegenseite habe zwar endlich die Forderung nach verschlechternden Eingriffen in Tarifverträge fallengelassen. „Der Weg zu einem Ergebnis ist dabei noch sehr, sehr lang und schwierig“, sagte Zwickel. BD

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