Nick Leeson war's nicht

■ Singapurs Regierung beschuldigt das Direktorium der Barings Bank

Singapur (AP) – Regierungspräsident Goh Chok Tong wollte am Wochenende den guten Ruf seines Landes zurechtrücken. Er sagte, der Zusammenbruch der Barings Bank sei „ein internes Problem“. Nach Auskunft der Zentralbank Singapurs habe am 25. März 1992 – kurz vor der Ankunft des Wertpapierhändlers Nick Leeson – der dortige Barings-Direktor James Bax die Londoner Zentrale auf Schwachstellen aufmerksam gemacht. Es entstehe eine Struktur, bei der ein einzelner Angestellter sowohl den Handel der gesamten Singapurer Barings-Niederlassungen als auch die Abteilung kontrolliere, die ihm eigentlich auf die Finger sehen solle. Tatsächlich habe Leeson dann seine Geschäfte vor allem mit drei weiteren Barings-Filialen getätigt. Die Zentrale habe daher wissen müssen, wohin ihr Geld floß. Noch im August 1994 seien „Änderungsvorschläge“ gemacht worden, die unbeachtet blieben. Inzwischen wächst die Zahl der Kaufinteressenten für die bankrotte Barings Bank.

Die niederländische Bank ABN Amro gab bekannt, daß sie gemeinsam mit der US-Investmentbank Smith Barney ein Übernahmeangebot für einen Teil der Gruppe unterbreitet habe. Die Londoner Zwangsverwalter Ernst and Young warten noch ab, ob der Barings-Konzern ungeteilt veräußert werden kann. Entsprechende Gespräche werden mit der Internationale Nederlanden Groep (ING) geführt. Ein ING-Sprecher sagte in Amsterdam, man hoffe, vor Beginn der Arbeitswoche an den asiatischen Märkten eine Entscheidung bekanntgeben zu können. Leeson selbst sitzt immer noch in der Frankfurter Auslieferungshaft. Seine Frau Lisa behauptet, daß er ahnungslos im Urlaub auf Borneo von der Katastrophe überrascht worden sei.