piwik no script img

SEDler spaltet die Sozialdemokraten

■ Die Entscheidung über Aufnahme soll Ende März fallen

Zur Nagelprobe für den Umgang der Sozialdemokratie mit ehemaligen SED-Mitgliedern droht der Streit um die Aufnahme des früheren hochrangigen SED- Funktionärs Manfred Uschner zu werden. Seit Dienstag abend ist die Situation in der SPD verfahrener denn je: Der frühere persönliche Mitarbeiter des für Außenpolitik verantwortlichen Politbüromitglieds Hermann Axen wird vom zuständigen Ostberliner Kreisverband Treptow auch nach einem Gespräch mit dem Landesvorstand weiterhin als SPD-Mitglied abgelehnt.

„Uschner ist nicht die richtige Person, um ein Signal für ehemalige SED-Mitglieder zu setzen“, sagte der Kreisverbandschef und Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Helmut Fechner, nach dem zweistündigen Gespräch. Die Einwände des Landesvorstandes, man müsse doch auch Chancen für ehemalige SED-Mitglieder eröffnen, fruchteten nichts. Die Genossen in Treptow, wo der im Februar 1989 von Axen wegen seiner Nähe zur Sozialdemokratie fristlos entlassene Uschner seinen Hauptwohnsitz hat, ließen sich auch nicht durch höhere Stellen von ihrer Meinung abbringen. Der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Wolfgang Thierse hatte die Aufnahme Uschners ausdrücklich begrüßt.

Die Parteiführung in Berlin und Bonn steckt nun in einem Dilemma. Die Aufnahme gegen den Willen der Parteifreunde in Treptow wäre ein denkbar schlechtes Zeichen. Hinzu kommt, daß die SPD im Westberliner Bezirk Kreuzberg den Vordenker aus DDR-Zeiten überraschend Anfang Februar aufgenommen hatte. Dies löste helle Empörung besonders in den Reihen der früheren Sozialdemokratischen Partei in der DDR (SDP) aus. Uschners Aufnahme in Kreuzberg sei ein „politischer Skandal“ und eine „bewußte Bevormundung der ostdeutschen Sozialdemokraten“. Die Aufnahme in Kreuzberg, wo sich der frühere Spitzenfunktionär offenbar einen Scheinwohnsitz zugelegt habe, sei ein „manipulativer Trick“.

Die SPD will über die umstrittene Aufnahme des hochrangigen Ex-SED-Funktionärs nun am 27. März entscheiden. Dies teilte gestern Landesgeschäftsführer Rudolf Hartung mit. Klemens Kindermann (dpa)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen