: RWE zahlte Nachhilfe für bayerische Beamte
■ Regierung ließ für Atom-Anhörung schulen
München (taz) – Die bayerische Staatsregierung hat einen merkwürdigen Ansatz, ihre unabhängigen Beamten auf atomrechtliche Anhörungsverfahren vorzubereiten. 160.000 Mark kostete das Crash-Training für Spitzenbeamte bei der Firma IST GmbH (Intelligenz-System- Transfer). Geschult wurde im Hinblick auf den Erörterungstermin gegen den Einsatz plutoniumhaltiger Mischoxid-Brennelemente (MOX) im Atomkraftwerk Gundremmingen, der im Januar 1993 durchgeführt wurde. Anschließend genehmigte der damalige Minister Peter Gauweiler (CSU) den umstrittenen MOX-Einsatz.
Seit Dienstag dieser Woche läuft vor dem bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München das Verfahren von acht Anliegern des AKW Gundremmingen und der Stadt Günzburg gegen den Einsatz plutoniumhaltiger MOX-Brennelemente. Groß war am ersten Verhandlungstag die Überraschung bei den Klägern, als sie erstmals den Schulungsvertrag in die Hände bekamen. Vor allem daß der Stromgigant RWE die Kosten für die Nachhilfe übernommen hat, macht nach Ansicht der Kläger deutlich, was von der Überparteilichkeit und Unabhängigkeit des Münchner Umweltministeriums zu halten ist. „Die wurden so gecoacht, daß man schon von Dressur sprechen kann“, hatten schon 1993 die Einwender gegenüber der leitenden Ministerialrätin, Böhm-Amtmann, kritisiert. So dürften Anhörungsverfahren einfach nicht durchgeführt werden.
Der Verwaltungsgerichtshof, der über die Klagen zu befinden hat, hält jedoch die Schulung nicht für entscheidungsrelevant. Einen Beweisantrag, die von der Bonner Firma geschulten bayerischen Beamten als Zeugen zu hören, lehnte das Gericht ab. Im bayerischen Umweltministerium heißt es, eine derartige Schulung sei angesichts der Vielzahl der Einwender (40.000) durchaus angemessen gewesen. Daß die RWE bezahlt habe, sei absolut üblich, denn der Antragsteller habe für die Kosten eines solchen Verfahrens aufzukommen. Klaus Wittmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen