: „Keine Apartheid an der Theke“
■ Kontroverse Anhörung zum Nichtraucherschutzgesetz
„Wir sind strikt gegen Apartheid an der Theke“, polterte der Vertreter der Hotel- und Gaststätten-Innung los. Derart daneben griff er gestern im Gesundheitsausschuß des Abgeordnetenhauses. Auf der Tagesordnung stand die Anhörung zum Nichtraucherschutzgesetz von Bündnis 90/Die Grünen. Der Entwurf räumt Nichtrauchern am Arbeitsplatz und in öffentlichen Gebäuden das Recht auf rauchfreie Räume. Raucher werden in die Ecke geschickt.
Gaststätten und Kneipen mit weniger als 50 Plätzen sind von der Regelung ausgenommen. Dennoch fuhren das Gastgewerbe ebenso wie die Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten schwere Geschütze auf. Da war von einem Eingriff in die freie Marktwirtschaft die Rede, und man sah die Gastronomie bereits in Existenznöten.
Ernstzunehmender waren dagegen die Einwände von Rolf Rosenbrock vom Wissenschaftszentrum. Er argumentierte, daß ein Rauchverbot in öffentlichen Räumen ohne eine vorangehende breite Aufklärungskampagne über die Gefahren des Rauchens kontraproduktiv sei. Ein vergleichbares Gesetz in Frankreich habe sich als wenig durchsetzbar erwiesen.
Nicht einig waren sich die Experten in der Frage, wie schädlich Passivrauchen ist. Der gesundheitspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Bernd Köppl, kritisierte, daß ein von ihm vorgeschlagener Experte des Bundesgesundheitsamtes, der zahlreiche Studien über erhebliche Schäden durch Passivrauchen referieren könnte, nicht eingeladen wurde. Statt dessen sprach Professor Adlkofer von der FU, der die Schädigung als äußerst gering einschätzte. Der Vertreter der Ärztekammer, der Hals-Nasen-Ohren- Arzt Dr. Hoffmann, sagte aus Sicht des Praktikers: „Ich möchte nicht warten, bis die Wissenschaft bis aufs letzte Komma eine Schädigung nachweist, bevor etwas unternommen wird.“
Die Untersuchungsergebnisse, die Dr. Paul von der Lungenklinik Heckeshorn präsentierte, waren alarmierend genug: Kinder, deren Eltern rauchen, rauchen passiv pro Jahr 60 bis 150 Zigaretten. Ihr Risiko, an Infektionen zu erkranken, ist um das 1,5fache höher, wenn ihre Eltern ein bis zehn Zigaretten täglich rauchen. Dorothee Winden
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen