: Der Frieden im Nahen Osten braucht Wasser
Bundesregierung versprach Israel und Jordanien Finanzhilfen für Wasserprojekte im Nahen Osten ■ Aus Bonn Georg Baltissen
Um die wirtschaftliche Absicherung des Friedensprozesses im Nahen Osten ging es am Mittwoch dieser Woche in Bonn. Bundesaußenminister Kinkel, der den ersten gemeinsamen Auftritt des israelischen Außenministers Schimon Peres und des jordanischen Kronprinzen Hassan auf deutschem Boden als „historischen Augenblick“ wertete, nannte die Wasserbeschaffung als eines der größten Probleme der Region. Die Bundesregierung sicherte den Gesprächspartnern deshalb zu, zwei Machbarkeitsstudien zur Wasserbeschaffung zu finanzieren. Für rund 30 Millionen Mark soll geprüft werden, ob am See Genezareth auf israelischer Seite eine Entsalzungsanlage gebaut werden kann. Auf jordanischem Territorium geht es um die Stauung des Yarmouk südlich des Sees Genezareth. Ergebnisse sollen bis Juni 95 vorliegen. Das Gesamtprojekt mit einem Volumen von 400 Millionen Mark soll von der EU finanziert werden. Die geplante Stauung des Yarmouk vor dem Zufluß in den Jordan soll Jordanien jährlich etwa 120 Millionen Kubikmeter Wasser zusätzlich liefern, etwa 15 Prozent seines jährlichen Wasserbedarfs. Die Verwirklichung des Staudammprojekts, das aus den sechziger Jahren stammt, war bisher an politischen Schwierigkeiten mit den nahöstlichen Nachbarn gescheitert. Nicht nur mit Israel, einem Yarmouk-Anrainer, sondern auch mit Syrien müßte sich Jordanien ins Einvernehmen setzen, da der Stausee zum Teil auf syrischem Gebiet liegen würde.
Für Israel ist der See Genezareth die wichtigste Wasserreserve. Etwa 40 bis 50 Prozent des israelischen Wasserbedarfs werden dem See entnommen. Der Zufluß in den See unterliegt jedoch starken Schwankungen, zwischen 150 und 1.400 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Über den „National Water Carrier“, einem zum Teil offen verlaufenden Kanal, wird Wasser bis in die Wüste Negev geleitet. Bisher verfügt Israel lediglich über eine Entsalzungsanlage in Ashdod am Mittelmeer, mit einer Kapazität von 10 Millionen Kubikmetern pro Jahr. Gegenwärtig deckt Israel noch 40 Prozent seines Wasserbedarfs aus Regionen außerhalb der Grenzen von 1967. Rund 90 Prozent des Wassers aus der Westbank werden für den eigenen Bedarf in Israel beziehungsweise für israelische Siedlungen abgezapft. Der durchschnittliche Wasserverbrauch belief sich bei den Palästinensern in der Westbank 1991 auf rund 140 Kubikmeter, in Israel selbst auf 540 Kubikmeter und in den israelischen Siedlungen in der Westbank sogar auf 965 Kubikmeter pro Person und Jahr. Die 120.000 Siedler in der Westbank verbrauchen demnach etwa genausoviel Wasser wie die rund eine Million Palästinenser. Letztere bezahlen indes das Doppelte des israelischen Wasserpreises.
Im kommenden Jahr wird Israel noch mit einem ganz anderen Problem konfrontiert werden. Ab 1996 wird das Land in der OECD- Liste nicht mehr als Entwicklungsland geführt, die 140 Millionen Mark jährlicher Entwicklungshilfe aus Deutschland werden dann gestrichen. Doch Kinkel gab Peres Beruhigendes mit auf den Weg. „Für die Zukunft“, so sagte er, „kann ich zwar keine verbindlichen Erklärungen abgeben. Aber Israel wird sich weiterhin auf Deutschland verlassen können.“ Jordanien hingegen wird sich auch weiterhin mit rund 45 Millionen Mark bescheiden müssen.
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