Alt sein heißt noch lange nicht, zum alten Eisen zu gehören

■ Neue Seniorengenossenschaft gegen die Einsamkeit im Alter begegnen

Göttingen Zum alten Eisen lassen sich die meisten Senioren nicht gerne zählen. Das muß auch nicht sein. In Göttingen gibt es ab Anfang April für ältere Menschen eine neue Möglichkeit, ihre Leistungskraft einzusetzen, und das auch noch für eine gute Sache: Anderen Senioren hilfreich zur Seite zu stehen. Gelegenheit dazu gibt die Seniorengenossenschaft Göttingen. Ältere Menschen können sich dabei gegenseitig nach dem Prinzip „Hilfe durch Selbsthilfe“ unterstützen, sagt die Initiatorin Adelheid Bischoff-Haase vom Förderverein des Göttinger Seniorenbeirats.

Die Genossenschaft ist als niedersächsisches Pilotprojekt seit Oktober letzten Jahres anerkannt und wird vom Sozialministerium des Landes mit 63 000 Mark gefördert. Alte Menschen, die anderen über die Seniorengenossenschaft helfen wollen, tun dies rein ehrenamtlich. Sie sammeln jedoch auf einem Konto Punkte für jede geleistete Arbeitsstunde. Diese Punkte können bei der Genossenschaft wieder abgerufen werden, sobald selbst Hilfe benötigt wird. Nach Angaben von Bischoff-Haase haben sich bereits 70 Seniorinnen und Senioren gemeldet, von denen 60 Hilfe leisten wollen und zehn Hilfe benötigen. Mittelfristig rechnet sie mit 300 Genossenschaftsmitgliedern.

Im Durchschnitt zwei bis drei Stunden soll jeder Helfende pro Woche für die Hilfsbedürftigen zur Verfügung stehen. Die Tätigkeiten bestehen nach Erfahrungen aus Baden-Württemberg, wo es bereits seit einigen Jahren Seniorengenossenschaften gibt, zur Hälfte aus „Anpacken“ und zur anderen Hälfte aus sozialen Dienstleistungen. Doch es geht nicht nur um praktische Hilfe: Einsamkeit sei ein großes Problem vieler alter Menschen, dem die Genossenschaft begegnen will. „Wir wollen erreichen, daß die alten Menschen bis zum Lebensende zuhause bleiben können“, sagt Adelheid Bischoff-Haase. Pflegefälle werden jedoch an Sozialstationen weiterverwiesen.

Das Verhältnis von Hilfsbedürftigen und Helfenden unter den bisherigen Interessenten erklärt Bischoff-Haase damit, daß die heutige alte Generation „in ihrem Leben immer sehr tapfer sein mußte“ und nach dem Motto lebte, sich bloß nicht helfen lassen.“ Eine wichtige Aufgabe der Genossenschaft sei deshalb, den Seniorinnen und Senioren zu sagen, „daß sie nicht den Zeitpunkt verpassen, Hilfe anzunehmen.“

Joachim Dreykluft, dpa