: Einweck-Kost
■ Am kommenden Dienstag geht Super RTL auf Sendung
Stefan Jedele hat so seine Nöte. Immer wenn er abends von der Arbeit nach Hause kommt, gibt es für ihn nach eigenem Bekunden nichts Schöneres, als mit seinen beiden kleinen Söhnen herumzutollen, ihnen aus einem guten Buch vorzulesen – oder auch schon mal gemeinsam Fernsehen zu gucken.
Nur gab es zwischen 18 und 20 Uhr auf allen Kanälen nichts, was er den zarten Seelen seiner Kinder bedenkenlos hätte zumuten können. Doch schon bald können die Jung-Jedeles aufatmen. Papi hat's gerichtet. Er verdient jetzt seine Brötchen als Programmdirektor von Super RTL, einem neuen TV- Sender, der von der luxemburgischen CLT und Disney betrieben wird. Ab kommenden Dienstag wird der Supersender über Astra 1a (in NRW auch im Kabel) zu empfangen sein und laut Eigenwerbung „Unterhaltung für die ganze Familie“ bieten. Das heißt, ein Programm ohne Sex & Crime, Drugs & Rock'n'Roll und was die Jugend sonst noch so gefährden könnte. Und wie die Programmpräsentation des Senders vorgestern in Köln versprach, werden Super-RTL-Gucker überhaupt vor (bösen) Überraschungen sicher sein: Das meiste werden sie nämlich schon kennen. Denn neben Konserven aus dem Disney- Trickfilm-Fundus wird da die Woche über vor allem Eingewecktes aus dem RTL-Keller „gestript“. Der „Li-La-Launebär“ ebenso wie die Tortenschlacht „Alles nichts oder?!“, die „Dirk-Bach-Show“ oder Serien-Heuler wie „Ein Schloß am Wörthersee“ („Tutti Frutti“ wär' wenigstens Kult gewesen. Ging aber nicht wegen Sex.) Daneben US-Fossile wie „Der Chef“, „Einsatz in L.A.“ und (immerhin) „Solo für U.N.C.L.E.“ Am Wochenende gibt's dann richtig Saures: „Heimatmelodie“ mit den Hellwig-Ladies, den „Schlagerclub“ und (Tusch!) „Peter Steiners Theaterstadl“. Obendrein ein paar familientaugliche Spielfilmchen, die sonst keiner haben wollte beziehungsweise noch niemand vermißt hat. Sicher, RTL hat einst auch mit billigster Konservenkost angefangen, um später in Eigenproduktionen und Erfolg zu machen. Doch seit Mitte der 80er Jahre sind auch auf deutschen Fernsehschirmen ein paar Sender dazugekommen. Und gegen Super RTL wirkt selbst das vor zwei Jahren gestartete Familienprogramm von RTL 2 vergleichsweise edel. Ob sich mit dem einzig innovativen Schachzug, auch die Prime Time mit Cartoons aus dem Disney-Archiv zu füllen, eine derartig schlicht konzipierte Wiederaufbereitungsanlage neben Pro 7 und (demnächst) Nickelodeon etablieren läßt, darf bezweifelt werden. Wenn da mal nicht Peter Jedele von seinen Söhnen irgendwann Prügel bezieht, weil sie immer Super RTL gucken mußten. Reinhard Lücke
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen