Rechte trauern um die Befreiung

■ Ein Aufruf aus dem Kreis um Historiker Rainer Zitelmann wendet sich gegen den 8. Mai als einen Tag der „Befreiung“

Berlin (taz) – Den Tag der Befreiung will Bundeskanzler Helmut Kohl im trauten Kreis der Siegermächte verbringen, doch wird ihm die schöne Inszenierung bereits im Vorfeld madig gemacht. Nicht nur, daß der polnische Staatspräsident Lech Walesa ebenfalls mit dabei sein möchte und mit diesem Wunsch für diplomatische Verwicklung sorgt. Nun haben sich auch noch prominente CDU-Politiker vom rechten Flügel der Partei gegen das offizielle Rubrum, unter dem die Feierlichkeiten stattfinden, ausgesprochen. In einem Aufruf, der in der kommenden Woche veröffentlicht werden soll, beklagt ein Kartell namhafter konservativer, neurechter und rechtsradikaler Politiker und Publizisten, daß der 8. Mai „einseitig von Medien und Politikern als ,Befreiung‘ charakterisiert werde“. Für die Unterzeichner bedeute das Datum zugleich auch den Beginn von „Vertreibungsterror und neuer Unterdrückung im Osten und den Beginn der Teilung unseres Landes“.

Organisiert wurde die Anzeige von den neurechten Autoren des Springer-Verlages Michael Schwilk und Rainer Zitelmann. Lezterer trat zuletzt zusammen mit dem ehemaligen Generalbundesanwalt Alexander von Stahl als Autor eines nationalliberalen „Berliner Aufrufs“ innerhalb der FDP in Erscheinung. Unter dem Appell „8. Mai – Gegen das Vergessen“ firmiert der Name des Entwicklungshilfeministers Carl- Dieter Spranger (CSU) neben dem des Chefredakteurs der Jungen Freiheit, Dieter Stein, dessen Blatt wegen seiner Rechtslastigkeit vom nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz observiert wird. Der Herausgeber des Rechts-Organs Criticon, Caspar von Schrenck- Notzing, ist ebenso vertreten wie die Führungsriege des Bundes Freier Bürger unter ihrem Vorsitzenden Manfred Brunner. Die CDU-Rechten Heinrich Lummer und Alfred Dregger fehlen ebenso wenig wie der Generalsekretär der DSU, Rudolf Andreas, und der Bundessprecher des christlich- konservativen „Deutschland Forum“, Wolfgang Nowak. Entsprechend stolz ist Zitelmann, daß sich zum erstenmal parteiübergreifend die „demokratische Rechte“ zu Wort gemeldet habe. Dieter Rulff