: Gerhard Schröder bringt den Castor mit nach Bonn
■ Pünktlich zu den nächsten Energie-Konsensgesprächen soll am 24. April der erste Transport abgebrannter Brennelemente von Philippsburg nach Gorleben rollen
Hannover (taz) – Jetzt ist es amtlich: Wenn in Bonn am Montag, dem 24. April, die Energiekonsensgespräche in die nächste Runde gehen, soll zeitgleich in Philippsburg der erste Gorleben-Castor auf die Reise gehen. „Dieser Termin zeigt, daß man im Süden der Republik an allem anderen Interesse hat, nur nicht an einem Energiekonsens“, sagte gestern der Sprecher der Staatskanzlei in Hannover. Der unsinnigste Atomtransport, den man sich überhaupt vorstellen könne, komme nun ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt.
Für „völlig abwegig“ hält Uwe- Karsten Heye den Gedanken, daß Gerhard Schröder die Inbetriebnahme des Gorlebener Zwischenlagers als Vorleistung in die nächste Runde der Konsensgespräche einbringen wolle. Schröders Überlegungen für einen Energiekonsens sehen allerdings seit langem die Einlagerung von hochradioaktivem Müll im Zwischenlager vor. Zuletzt hatte der niedersächsische Ministerpräsident auch den Bau eines weiteren externen Zwischenlagers in Bayern verlangt.
Niedersachsens Innenminister Gerhard Glogowski weist jede Verantwortung für die Terminplanung von sich. Zu einer weiteren Verschiebung des Transports sei der Bund nicht mehr zu bewegen gewesen. Auch er schimpft, daß in diese Woche neben der Fortsetzung der Energiekonsensgespräche auch der Tschernobyl-Jahrestag fällt.
Die Kosten des Polzeiaufgebots, das im Wendland die Fahrt ins Zwischenlager durchsetzen soll, beziffert Glogowski auf runde zehn Millionen Mark. Etwa fünftausend Polizisten sollen wiederum im Landkreis Lüchow- Dannenberg eingesetzt werden. Das Innenministerium bestätigte gestern auch, daß die Planungen der beteiligten Polizei schon seit drei Wochen andauern. Glogowski selbst wollte nicht ausschließen, daß sich die Abfahrt des Castors in Philippsburg vom 24. auf den 25. April verschieben kann. Zum Ankunftstermin des Behälters in Gorleben konnte das Innenministerium keine Auskunft geben. Dies hänge auch davon ab, wie schnell der Transport vorwärtskomme.
Das niedersächsische und das Bonner Umweltministerium haben am Montag in einem bundesaufsichtlichen Gespräch nur die beiderseitigen Rechtsstandpunkte ausgetauscht. Das Bundesumweltministerium beharrte darauf, die Zustimmung des Landes zur Einlagerung des Castor auch dann für „sofort vollziehbar“ zu erklären, wenn das Oberverwaltungsgericht den Transport wieder aussetzte. Die Niedersachsen verwiesen darauf, daß die Gorlebener Betreibergesellschaft diesen Sofortvollzug nicht einmal beantragt habe. Jürgen Voges
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