piwik no script img

„Idiotentest“

■ Gericht verhandelt über Psychoprüfung, die 50jährige Busfahrer erdulden müssen

Berlin (taz) – Quizfrage: Was hat der 50. Geburtstag eines Menschen mit dessen Fähigkeit zu tun, einen Omnibus zu steuern?

Zusatzfrage: Und was hat das fahrerische Können mit der „finanziellen Risikobereitschaft“ zu tun?

Sie wissen es nicht?

Antwort: Eigentlich nichts. Außer in Bayern.

Dort müssen sich nämlich BusfahrerInnen, die zum 50. Mal ihren Geburtstag feiern dürfen, bei der Verlängerung ihrer Fahrerlaubnis einem besonderen psychologischen Test unterziehen. Ein Betroffener klagte jetzt bis zum Bundesverwaltungsgericht, das gestern darüber verhandelte.

Der 54jährige Busfahrer aus Nürnberg war vor drei Jahren zu diesem „Idiotentest aus Altersgründen“ geladen worden. Getestet wird bei dieser Medizinisch- psychologischen Untersuchung (MPU) vor allem die Reaktionsschnelligkeit und das Konzentrationsvermögen. In Fragebögen erkunden die Psychologen aber auch die „soziale“ und „finanzielle“ Risikobereitschaft und mögliche „aggressive Interaktionen“, zitierte das Gericht gestern aus den Unterlagen.

Die bayerischen Verwaltungsrichter hatten die Tests, die sonst auch Alkoholsündern vorgelegt werden, in zweiter Instanz gerechtfertigt. Im Alter lasse sowohl die „Aufmerksamkeitsleistung, die Belastbarkeit und die Konzentrationsfähigkeit“ nach. Ein normales betriebsärztliches Zeugnis reiche daher nicht aus, um die „erhöhten Eignungsvoraussetzungen“ zu überprüfen. Die Tests gingen viel zu weit, wetterte dagegen gestern der Klägeranwalt. „Da wird der einzelne zum gläsernen Menschen gemacht.“ Das Bundesverwaltungsgericht vertagte die Entscheidung auf den 17. Mai.

Übrigens: Bei den 50jährigen steigt das Unfallrisiko statistisch nur um sieben Prozent, bei den 18- bis 20jährigen dagegen um 500 Prozent. BD

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen