Eis mit neuer Farbe –tartrazin-gelb

■ Antibiotika im Gries – und was uns die EU sonst noch an neuen Zusatzstoffen beschert

Wenn Sie künftig Dosenpfirsiche essen, erleuchten die möglicherweise in bisher ungeahntem Geld. Denn mit der EU kommen immer neue Zusatzstoffe ins deutsche Essen. Die Verbraucher-Zentrale Bremen will nun mit einer Broschüre Licht in den Vorschriftendschungel bringen. Da erfährt die Leserin zum Beispiel, warum immer mehr Lebensmittel in den Regalen der Supermärkte landen, die nach deutschem Recht eigentlich verboten sind.

Schuld ist der Europäische Gerichtshof: Der verfügte, daß alle in einem EU-Mitgliedsland zugelassenen Lebensmittel auch in allen anderen Mitgliedsländern angeboten werden dürfen. Ausgenommen sind gesundheitsgefährdende Lebensmittel.

Und was gesundheitsgefährdend ist, entscheidet das Bundesministerium für Gesundheit. Dort müssen die Importeure, die den deutschen Bestimmungen nicht entsprechende Lebensmittel hier in den Verkehr bringen wollen, einen Antrag stellen. Fast 100 solcher Anträge sind genehmigt worden seit dem 1.1.1993, seit also die Grenzen in der EU offen sind.

Fast all diese Anträge betrafen Zusatzstoffe, die in der BRD nicht zugelassen oder für das entsprechende Lebensmittel nicht oder in dieser Konzentration nicht zugelassen sind. Diese Genehmigungen werden Allgemeinverfügungen genannt, da sie nicht nur für die speziell beantragten Produkte, sondern auch für alle vergleichbaren gelten. 100 genehmigte Anträge sind also weit als 100 neue Produkte in den Lebensmittelregalen.

Freuen Sie sich also auf cremige Fischzubereitungen aus Frankreich mit Cochenille-Rot A – das kann Allergien auslösen und war bislang zum Beispiel auch in Schweden und Norwegen verboten. Freuen Sie sich auf Bier aus Irland mit Alginsäure – die kann die Aufnahme von Spurenelementen im Darm verhindern.

Die Deutschen werden aber auch ohne Allgemeinverfügung mit neuen Zusätzen beglückt. Im letzten Jahr hat hierzu der Ministerrat der EU einiges an Richtlinien verabschiedet, die nun in den kommenden zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Damit verdoppelt sich die Zahl der zugelassenen nichtfärbenden und nichtsüßenden Zusätze auf 106. Darunter sind allein vier neue Geschmacksverstärker, zum Beispiel eine neue Glutamatverbindung, sowie einige Antibiotika. Antibiotika werden zum Beispiel für die Konservierung von Gries und Puddingerzeugnissen verwandt.

Außerdem werden für einige Zusatzstoffe die Anwendungsbereiche erweitert. Zum Beispiel für den Farbstoff Tartrazin (E102). Der wird bisher nur in Likören eingesetzt. Bald aber kommt er nach der neuen Verordnung auch in alkoholfreie Getränke, Eis, Süßigkeiten und andere Schleckereien, die besonders Kinder gerne naschen und läßt sie knallgelb leuchten. Tartrazin ist als häufiger Allergieauslöser in Schweden und Norwegen bislang verboten gewesen.

Finja Kütz

Die Broschüren der Verbraucher-Zentrale „Lebensmittelrecht in Europa“ und „Was bedeuten die E-Nummern“ gibt es für 3,25 DM, bzw. 3,50 DM in den Beratungsstellen Am Wall 121 in Bremen-Mitte und Lindenstr.1c in Bremen-Nord sowie in der Friedrich- Ebert-Straße 1a in Bremerhaven.