Vorschlag

■ Baden Powell in der Passionskirche

„Man könnte sagen: Sie haben die Samba unterkühlt. Vieles in ihrer alten Musik schien ihnen derb und vulgär und gar zu offensichtlich. Durch die Unterkühlung wurde es zart und sensibel und indirekt“, kommentierte der einstige Leiter der Berliner Jazztage, Joachim Ernst Berendt, die Samba-Jazz-Connection. „Darüber, wie die Musiker zur Bossa Nova gekommen sind, erzählen sie alle das gleiche: Sie haben amerikanischen Jazz geliebt – und zwar die Variante des Cool Jazz, wie er in den 50er Jahren gespielt wurde. Immer wieder sprechen sie von der Musik, die das Gerry Mulligan Quartet mit dem Trompeter Chet Baker damals in Kalifornien gemacht hat. Die hat sie beeindruckt. Deren Stil haben sie auf ihre traditionellen Samba- und Volksmusik-Klänge angewandt: dadurch sei die Bossa entstanden.“

1966 von Berendt in Rio „entdeckt“, gab Baden Powell beim Gitarren-Workshop der 67er Berliner Jazztage sein internationales Debüt. Und avancierte zum populärsten Gitarristen des Bossa-Booms. Drei Platten, Tristeza, Poema und Apaixonado, die ihn auch als Jazzer legendär machten, sind letztens im 2-CD-Pack wiederveröffentlicht worden: „Three Originals“ (MPS/Motor).

Powells Großvater, ein „negro fullblood“, hatte einst das erste durchweg schwarze Orchester Brasiliens dirigiert. Sein Vater war Geiger, und er selbst – 1937 in Rio geboren – war bereits mit 15 als Konzert-Gitarren-Profi unterwegs. In Brasilien erregte er zunächst durch seine „Samba Triste“ und die Zusammenarbeit mit dem Dichter des „Orfeo Negro“, Vinicius de Moraes, Aufsehen, dessen Texte er fortan vertonte. „Erst durch die Begegnung mit Vinicius und seinem poetischen Werk bin ich geworden, was ich bin“, sagt Powell.

Ende der Siebziger verschwand er plötzlich von den Bühnen der großen internationalen Konzerttempel – „personal problems“. Nach acht Jahren völliger Zurückgezogenheit tauchte er dann 1987 wieder auf. Mit tastenden Probier-Konzerten, in denen er zunächst seine alten Anhänger mit elektronischem Vibrato-Kitsch und extremer Lautstärke verschreckte. In den letzten Jahren ist er jedoch wieder zur intim-ekstatischen Akustik- Samba der 60er und 70er Jahre zurückgekehrt, die seinen Weltruhm begründete. Sein – No Smoking! – Soloprogramm fiel vor einem Jahr ins Wasser. Heuer ist er hier. Christian Broecking

Heute, 20 Uhr, Passionskirche, Marheinekeplatz, Kreuzberg