: Haider freut sich über den mißglückten Anschlag
■ Neue Spur nach versuchter Sprengung von Strommast bei Wien / Österreichs Rechte macht linke Szene für Briefbombenserie von 1993 und 1994 verantwortlich
Wien (taz/AP) – Der versuchte Bombenanschlag auf einen Starkstrommast in der Nähe von Wien ist ein gefundenes Fressen für Österreichs Rechte. Kaum hatte die Polizei am Donnerstag die mutmaßlichen Täter identifiziert und der autonomen Szene zugeordnet, meldete sich gestern Jörg Haider zu Wort. Haider beschuldigte die linke Szene, auch für die Briefbomben von 1993 und 1994 verantwortlich gewesen zu sein. Andere österreichische Rechte unterstützen diesen Verdacht. Bei den Briefbomen, dem Sprengsatz vor einer Schule in Klagenfurt 1994 und einer Sprengfalle im Burgenland, bei der im Februar vier Roma ums Leben kamen, vermutet die Polizei einen rechtsextremen Hintergrund. Haider war früher Chef der rechtsextremen FPÖ, die heute nur noch eine Bewegung unter dem Namen „Die Freiheitlichen“ ist.
Im Zusammenhang mit den Bomben, die an den Strommast südöstlich von Wien angebracht waren, hat die Polizei eine neue Spur. Gestern rief sie die Bevölkerung zu Angaben über einen schwarzen Citroen-Kombi mit Wiener Kennzeichen auf, der am Vorabend entdeckt worden war. Der Wagen gehörte einem der beiden getöteten Wiener. Die Polizei vermutet, daß in dem Fahrzeug die fünfzig Kilogramm Sprengstoff zum Tatort gebracht wurden. Ein Teil davon war in der Dunkelheit des 11. April vorzeitig explodiert und hatte die beiden Männer getötet. Ein dritter Täter flüchtete vermutlich mit dem Auto. Den Tätern wurden offenbar die Zünder zum Verhängnis. Diese sprachen auf elektromagnetische Felder an, wie sie bei Starkstromleitungen vorkommen. Die Motive für den versuchten Anschlag sind weiterhin unklar.
Nach einer Analyse der verwendeten Sprengsätze vermutet auch die Polizei, daß noch weitere Bombenanschläge auf das Konto der toten Männer gehen könnten. Ihr Verdacht geht allerdings nicht in die gleiche Richtung wie der Haiders. Parallelen sieht die Polizei eher zu Anschlägen 1991 auf die österreichische Bahn und 1989 auf die Flughafenautobahn.
Die Diskussion um die Bomben in Österreich zeigt bereits erste Folgen. Gestern erhielt das Klagenfurter Landestheater ein Päckchen, das wie eine Briefbombe aussah. Um das Theater gab es in letzter Zeit heftige öffentliche Diskussionen, weil es angeblich zu viele „ausländische Stücke“ aufführe. Die falsche Bombe kam aus Deutschland und war an die bekannte Leipziger Theaterregisseurin Konstanze Lauterbach gerichtet. Lauterbach inszeniert zur Zeit in Klagenfurt das Brecht-Stück „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ – eine Hitlerparabel. bam
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